Zum Nichtehelichen-Recht. Beschluss des OLG Frankfurt/M v. 6.12.2005 -6 UF 228/05

Nach der bestehenden Rechtslage ist die nicht mit dem Kindesvater verheiratete Mutter allein sorgeberechtigt (§1626a BGB). Der Vater kann ein (Mit)sorgerecht nur erlangen, wenn 
a. eine gemeinsame Sorgerklärung abgegeben wird, was die Mutter aber ohne Angabe von Gründen ablehnen kann (nur bei Altfällen vor der dem 1.7.1998 kann die Zustimmung unter bestimmten Voraussetzungen durch das Gericht ersetzt werden)
b. die Mutter nach einer Trennung der Übertragung der Sorge zustimmt und dies dem Kindeswohl dient (§1672 Abs.1 BGB)
c der Mutter die elterliche Sorge entzogen wird (§§ 1680 Abs, 3, 1666 BGB)
d. sie tatsächlich verhindert ist (§1678 Abs.2 BGB) oderLogo
e. sie verstirbt (§§ 1680, 1681 BGB).
Auch in den Fällen c-e ist Vorrausetzung, dass die Übertragung des Sorgerechts auf den Vater dem Wohle des Kindes dient.

Obwohl die Hürden vielen auch bisher als weit zu hoch erschienen sind und damit außerdem in vielen Fällen eine weitere, unerwünschte und letzlich dem Kind schadende Eskalation verbunden wäre (so u.a. auch unsere Stellungnahme (pdf Datei) vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.1.2003 
- 1 BvL 20/99 -- 1 BvR 933/01 und weitere Stellungnahmen) erschien demnach der am ehesten gangbare Weg ein Sorgerecht ohne ausdrückliche Zustimmung der Mutter zu erlangen der über Punkt c) zu sein, also der Nachweis einer ernsthaften Kindewohlgefährdung (§ 1666 BGB) durch die Mutter, die den Entzug der elterlichen Sorge rechtfertigen würde. Ein solches Urteil erging, allerdings vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, am OLG Hamm - BGB §§ 1626a II, 1666, 1672 (12. FamS, Beschluß v. 17.12.1999 - 12 UF 234/99.    
Mit der Frage der Anwendung des §1666 BGB befasst sich auch ausführlich der Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 4. 4. 2001 - XII ZB 3/ 00; OLG Stuttgart; AG Tübingen, also ebenfalls vor der Entscheidung des Bundesverfasungsgerichts. Darin wird betont, dass die Hürden über §1666 BGB zu Recht hoch seien, obwohl dagegen viele Bedenken (mit Literaturanaben) geäußert wurden. Aber: 
Diese Bedenken führen indessen nach Auffassung des Senats nicht zur Verfassungswidrigkeit des § 1626 a BGB. Ihnen ist allerdings bei der Anwendung des § 1666 BGB im Einzelfall Rechnung zu tragen. Dabei muß - bei verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift - gewährleistet sein, daß in die Prüfung des Merkmals einer "mißbräuchlichen Ausübung der elterlichen Sorge" durch die Mutter auch die Frage einbezogen wird, ob und inwieweit die Mutter das Elternrecht des Vaters angemessen zur Geltung bringt (vgl. kritisch hierzu Finger in FamRZ 2000 aaO 1207).
Das Bundesverfassungsgericht stellt allerdings in seiner Entscheidung dazu fest:
d) Entgegen der Auffassung des Bundesgerichtshofs eröffnet § 1666 BGB für diese Fälle dem Vater eines nichtehelichen Kindes keinen Weg, zu einer sein Elternrecht angemessen berücksichtigenden gerichtlichen Einzelfallprüfung hinsichtlich einer gemeinsamen Sorgetragung zu gelangen.
§ 1666 BGB zielt nicht auf den Ausgleich der elterlichen Rechte in Konfliktsituationen zwischen den Eltern ab. Die Norm zieht vielmehr eine Grenze für Eingriffe des Staates in das Recht der Eltern und bestimmt so, unter welchen Voraussetzungen der Staat seinem Wächteramt aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG nachkommen muss. Dieser Maßstab ist als Kriterium dafür, welche sorgerechtliche Stellung den einzelnen Elternteilen einzuräumen ist, wenn sie sich über die Sorge nicht einigen können, ungeeignet. Die Missbrauchsschwelle setzt das Elternrecht des Vaters in Widerspruch zu Art. 6 Abs. 2 GG gegenüber dem der Mutter unverhältnismäßig zurück, wenn der Vater erst bei einer Kindeswohlgefährdung durch die Mutter und nicht schon dann an der Sorge für das Kind beteiligt werden soll, wenn dies dem Kindeswohl dient. Auch kann allein in der Weigerung der Mutter, eine Sorgeerklärung abzugeben, keine missbräuchliche Ausübung ihrer Elternverantwortung gesehen werden.

Eine neue Situation, die die Möglichkeiten eines nichtehelichen Vaters ein Sorgerecht gegen den Willen der Kindesmutter zu erlangen erheblich weiter einschränkt, wenn nicht völlig unmöglich macht, ist durch den Beschluss des OLG Frankfurt/M. vom 6. Dezember 2005 -6 UF 228/05 eingetreten, sofern er Bestand hat (veröffentlicht und kommentiert in ZKJ 7/8, 2006, S. 372). Demnach gälte:

Der Vater des nichtehelichen Kindes, der nicht nach § 1626a Abs. 1 BGB Mitinhaber der elterlichen Sorge ist, hat kein Beschwerderecht gegen eine Entscheidung, durch die das Familiengericht Maßnahmen gegenüber der Mutter nach § 1666 BGB ablehnt.
 
    Die Begründung dafür im Einzelnen nach zu vollziehen ist angesichts der zu Grunde liegenden, uns ziemlich verworren erscheinenden Normenkette FGG 20, 57 Abs. 1 Nr. 8 und 9, Abs. 2, 64 Abs. 3 Satz 2; BGB 1626a; 1666, sowie § 621e ZPO (mit Bezug auf  §§ 517, 621, 621a ZPO, etc.) eine umfangreiche Übung in juristischer Gelehrsamkeit, die wir hier nicht im Einzelnen versuchen wollen. Nur so weit aus dem Beschluss: Dem Vater des Kindes steht kein Beschwerderecht zu, da er durch den angefochtenen Beschluss nicht in seinen Rechten verletzt sei (§ 20 FGG). Das Sorgerecht steht nämlich allein der Mutter zu (§ 1626a BGB).  Das Beschwerderecht von Verwandten und sonstigen Dritten nach § 57 Abs.1 Nr. 8 und 9 FGG ( wo § 1666 BGB aufgeführt ist) findet auf die befristete Beschwerde nach §621e ZPO jedoch keine Anwendung (ausgenommen Jugendamt), nach §64 Abs. 3 Satz 2 i. V. m.  §57 Abs. 2 FGG. 

Anhang: Hier ein Teil der erwähnten Gesetzestexte:


§ 20 FGG

(1) Die Beschwerde steht jedem zu, dessen Recht durch die Verfügung beeinträchtigt ist.

(2) Soweit eine Verfügung nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.
 

§ 57 FGG

(1) Die Beschwerde steht, unbeschadet der Vorschriften des § 20, zu:

  1. gegen eine Verfügung, durch welche die Anordnung einer Vormundschaft abgelehnt oder eine Vormundschaft aufgehoben wird, jedem, der ein rechtliches Interesse an der Änderung der Verfügung hat, sowie dem Ehegatten, den Verwandten und Verschwägerten des Mündels;
  2. (aufgehoben)
  3. gegen eine Verfügung, durch welche die Anordnung einer Pflegschaft abgelehnt oder eine Pflegschaft aufgehoben wird, jedem, der ein rechtliches Interesse an der Änderung der Verfügung hat, im Falle des § 1909 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch dem Ehegatten sowie den Verwandten und Verschwägerten des Pflegebefohlenen;
  4. (aufgehoben)
  5. (aufgehoben)
  6. gegen eine Verfügung, durch die ein Antrag des Gegenvormundes zurückgewiesen wird, gegen den gesetzlichen Vertreter wegen pflichtwidrigen Verhaltens einzuschreiten oder den Vormund oder den Pfleger aus einem der im § 1886 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Gründe zu entlassen, dem Antragsteller;
  7. gegen eine Verfügung, durch die dem Vormund oder Pfleger eine Vergütung bewilligt wird, dem Gegenvormund;
  8. gegen eine Verfügung, durch welche die Anordnung einer der in § 1640 Abs. 4, den §§ 1666, 1666a, 1667 oder in § 1693 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Maßnahmen abgelehnt oder eine solche Maßnahme aufgehoben wird, den Verwandten und Verschwägerten des Kindes;
  9. gegen eine Verfügung, die eine Entscheidung über eine die Sorge für die Person des Kindes oder des Mündels betreffende Angelegenheit enthält, jedem, der ein berechtigtes Interesse hat, diese Angelegenheit wahrzunehmen.

(2) Die Vorschrift des Absatzes 1 Nr. 8 und 9 findet auf die sofortige Beschwerde keine Anwendung. 


§ 64 FGG

(1) Für die dem Familiengericht obliegenden Verrichtungen sind die Amtsgerichte zuständig.

(2) Wird eine Ehesache rechtshängig, so gibt das Familiengericht im ersten Rechtszug bei ihm anhängige Verfahren der in § 621 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Art von Amts wegen an das Gericht der Ehesache ab. § 281 Abs. 2, 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) In Angelegenheiten, die vor das Familiengericht gehören, gelten die Vorschriften im Buch 6 Abschnitt 2 und 3 der Zivilprozessordnung; über die Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht, über die Rechtsbeschwerde der Bundesgerichtshof. Soweit § 621a der Zivilprozessordnung vorsieht, daß Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden sind, tritt an die Stelle des Vormundschaftsgerichts das Familiengericht. § 57 Abs. 2 dieses Gesetzes gilt entsprechend für die Beschwerde nach den §§ 621e, 629a Abs. 2 der Zivilprozessordnung, steht jedoch der Beschwerdeberechtigung des Jugendamts nicht entgegen. In den Fällen des § 57 Abs. 1 Nr. 1 und 3 steht die Beschwerde nur dem Ehegatten des Mündels oder Pflegebefohlenen zu.


§ 621e ZPO [Befristete Beschwerde; Rechtsbeschwerde]

(1) Gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen über Familiensachen des § 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6, 7, 9, 10 in Verfahren nach § 1600e Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Nr. 12 sowie 13 findet die Beschwerde statt.

(2) In den Familiensachen des § 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6 und 10 in Verfahren nach § 1600e Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie Nr. 12 findet die Rechtsbeschwerde statt, wenn sie

  1. das Beschwerdegericht in dem Beschluss oder
  2. auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung durch das Beschwerdegericht das Rechtsbeschwerdegericht

zugelassen hat; § 543 Abs. 2 und § 544 gelten entsprechend. Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht.

(3) Die Beschwerde wird durch Einreichung der Beschwerdeschrift bei dem Beschwerdegericht eingelegt. Die §§ 318, 517, 518, 520 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1, Abs. 4, §§ 521, 522 Abs. 1, §§ 526, 527, 548 und 551 Abs. 1, 2 und 4 gelten entsprechend.

(4) Die Beschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Die Rechtsbeschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat

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