Bericht über die 37. Jahreskonferenz

des AFCC (Association of Family and Conciliation Courts)

in New Orleans vom 31.5.- 4.6.2000

„Alienation, Access & Attachment"

Entfremdung, Umgang und Bindung

I Einleitung

Der verbindende Schwerpunkt aller Vorträge und Workshops dieser Konferenz war das Bemühen, gesetzliche Fragen mit den Bedürfnissen der Familie in Einklang zu bringen:

„Balancing legal issues with the needs of the Family"

Die Entscheidung, an dieser Konferenz teilzunehmen, „koste es was es wolle", war ohne jede Einschränkung richtig und gut. Es war ein nachhaltig beeindruckendes Erlebnis.
Die „Entscheidungsfindung" wurde durch einen finanziellen Beitrag des Vereins „VÄTER FÜR KINDER e.V." zu den Reisekosten erheblich erleichtert. Als Gegenleistung und tief empfundenes Dankeschön schreibe ich diesen Bericht zur Publikation in den Internetseiten des Vereins.

An diesen Konferenztagen wurde umfassendes, disziplinübergreifendes Wissen vermittelt und das in einer heiteren, von Musik und Lebensfreude getragenen Stadt mit einer beeindruckenden Geschichte, mit einer großartigen Natur und mit dem „Old Man River", der träge und unbeeindruckt vor den Fenstern der Tagungsräume dahinfließt.

Nach einem gemeinsamen Frühstück am Buffet fanden die Workshops statt zwischen 8h und 18h. Von 20h bis Mitternacht konnte man sich weitere Workshops aussuchen, die spontan am schwarzen Brett angekündigt wurden oder man konnte sich lebhaften Diskussionsrunden anschließen, die von Einzelnen und Gruppen in der Hospitality Suite angeboten wurden, wo auch auf unbefangene, angenehm entspannte Weise Kontakte mit anderen Teilnehmern zustande kommen konnten.
Die ca. 800 Teilnehmer waren ausschließlich Fachleute: Richter, Anwälte, Psychiater, Psychologen, Therapeuten, Ärzte, Sozialarbeiter, Mediatoren und Politiker: Kommunalpolitiker einzelner Bundesstaaten und einige Kongreßabgeordnete.
Nichamerikanische Teilnehmer kamen aus Australien, Chile, England, Guatemala, Holland, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Neuseeland und Norwegen.
Die unterschiedlichen nationalen, kulturellen und (rechts-)historischen Hintergründe der Teilnehmer trugen zu einer bereichernden Vielfalt von Sichtweisen bei. Die gemeinsame Basis waren die natürlichen Rechte von Kindern, die Vertretung ihrer „besten Interessen" aufgrund ihrer universalen Bedürfnisse, wie sie u.a. in der UN-Kinderrechtekonvention und in den nationalen Gesetzen verankert sind.

Im Folgenden möchte ich einen Überblick über Themen einiger Fachgebiete geben, die in den Workshops behandelt wurden, beginnend mit dem Thema Entfremdung (PAS), das der offiziellen Tagung in einer ganztägigen Fortbildung vorangestellt war.
Ab dem zweiten Konferenztag stellte sich das Problem der Auswahl: es gab bis zu fünf Workshops parallel, einer so interessant wie der andere. Dank der Freundlichkeit und dem Entgegenkommen vieler Referenten konnte ich jedoch viele Unterlagen von Workshops „ergattern", die ich selbst nicht besuchen konnte. Am Tag nach Beendigung der offiziellen Tagung wurde zusätzlich eine ganztägige Fortbildung in Mediation für hochstrittige Familien angeboten.

II Schwerpunkte und zeitlicher Ablauf der Tagung

II.1 Ganztagesseminar über Entfremdungsthematik

PAS und die damit verbundene Kontroverse

Die Kontroverse zwischen bisherigen Positionen und neueren Konzepten wurde als eine fruchtbare Möglichkeit verstanden, das Konzept PAS weiterzuentwickeln zu dem veränderten Fokus auf „das entfremdete Kind". Es war für mich äußerst erleichternd, gleich zu Beginn festzustellen, daß es nicht darum ging, die unterschiedlichen Konzepte (und damit sich selbst) gegeneinander auf - oder abzuwerten.
In diesem Ganztagesseminar der „Northern California Task Force on the Alienated Child" (NCTF) wurde der Entfremdungs-Prozess beleuchtet, vor allem die Anteile beider Eltern und des erweiterten sozialen Netzwerks. Der manipulativen Elternentfremdung wurden andere Formen der Entfremdung differenzierend gegenübergestellt. Einen breiten Raum nahmen frühe Interventionen und Case Management Konzepte ein.

Auffallend war: Der Kindeswille ist bei der NCTF wie auch bei anderen Forschungsgruppen kein eigenständiges Entscheidungskriterium für richterliche Sorge- und Umgangsentscheidungen. Naturgemäß spielt aber der Kindeswille im Rahmen von Therapie und Beratung, eingebettet in die alters- und entwicklungsabhängigen Bedürfnisse eine große Rolle.
Diese Entwicklung ist auch eine Folge der jüngsten einjährigen, intensiven Forschungsarbeit der kalifornischen Gruppe auf dem Gebiet der Entfremdung, die damit einige ihrer bisher vertretenen Positionen differenzierte und sich dadurch anderen Ansätzen annäherte.

Auf meine explizite, hartnäckige und wiederholte Nachfrage, was zu tun sei, „Wenn ein Elternteil nicht will?" und „Wenn das Kind nicht will?", antwortete mir Janet Johnston von der NCTF zunehmend entnervt: beide Eltern werden über die langfristigen zerstörerischen Folgen ( zit.: „devastating consequences") des Kontaktabbruchs für ihr Kind aufgeklärt. Es sei dann - auch gegen den Widerstand eines Elternteils - umgehend Umgang anzuordnen und gerichtlich durchzusetzen. Parallel dazu werde im Rahmen von ebenfalls angeordneter Familientherapie mit der ganzen Familie gemeinsam und fallweise zusätzlich mit dem umgangsverweigernden Elternteil alleine gearbeitet. Die Anteile des umgangsberechtigten Elternteils am Konflikt werden, falls erforderlich, ebenfalls mit ihm therapeutisch bearbeitet. Wenn das Kind nach Meinung von Psychologen einen Schonraum brauche, erhielte es einen eigenen Therapeuten, ebenfalls zusätzlich.

Die Relativierung des Kindeswillens ist damit weitgehend vollzogen. Ausgegangen wird einhellig von der Prämisse:

In nachfolgenden „Alienation Workshops" wurden Ergebnisse weiterer Forschungsgruppen präsentiert aus den Gebieten:

Über die generellen Strategien im Umgang mit Elternentfremdung und über die notwendigen Interventionen herrschte bei allen Experten weitgehend Einigkeit. In allen Präsentationen wurde die Bedeutung zweier Eckpfeiler für die erfolgreiche Arbeit mit hoch konflikthaften (Entfremdungs-)Familien deutlich:

In einer abendlichen Diskussionsrunde referierte ich die hierzulande überwiegend vertretene Einstellung gegen „Zwangs"- Interventionen bei Therapie und Beratung und die entsprechende BGH Entscheidung gegen die Anordnung von Therapie durch deutsche Richter. Entgegen meiner eigenen Überzeugung brachte ich die dazugehörigen Argumente vor, stand damit aber sehr allein einer fassungs- und verständnislosen Runde gegenüber. Das Résumée war die einhellige Auffassung, in der „paranoid anmutenden" (Zitat eines Psychoanalytikers aus N.Y.) Angst vor jeder Form von Zwang manifestiere sich wohl primär der geschichtliche Hintergrund meines Landes. Ohne die nötigen Interventionen einleiten zu können, ohne dadurch größere taktische Zeitverzögerungen verhindern zu können, war den Anwesenden die Arbeit mit Entfremdungsfamilien kaum vorstellbar. Die von mir referierten deutschen Wirklichkeiten wurden als längst überholt, rückschrittlich und kinderfeindlich eingestuft. Als mir die übernommenen Argumente endgültig ausgingen, konnte ich mich erleichtert „outen" und meine Übereinstimmung mit den zwei Eckpfeilern zum Ausdruck bringen. Sicherheitshalber verdeutlichte mir die Gruppe anschließend die mittlerweile langfristig positiven Erfahrungen einiger Bundesstaaten mit der den gerichtlichen Verfahren vorgeschalteten Mediation und mit angeordneten bzw. vorgeschriebenen Elternschulungen. Das Erleben von Kindern vor, während und nach der Trennung und die damit verbundenen möglichen Langzeitfolgen werden als ein wachsendes gesellschaftliches Problem gesehen und zunehmend auch so behandelt.

Ein detaillierter Überblick über die Inhalte der einzelnen PAS-Workshops, über den aktuellen Stand der Entfremdungsforschung und die praktischen Konsequenzen der Forschungsergebnisse für die Arbeit der trennungsbegleitenden Professionen wird an anderer Stelle veröffentlicht werden.

II.2 Gesellschaftliche Thematik

Verknüpfung staatlicher und gesellschaftlicher Interessen

mit individuellen, familiären Interessen

„The Covenant Marriage", Louisiana

In einem Ausblick auf die Familie 2000 wurde festgestellt, daß sich in USA gesellschaftlich und geographisch zwei Kulturen mit zwei entgegengesetzten Familienbegriffen gegenüberstehen:

Vorgestellt wurde ein zunächst etwas befremdlich anmutendes, „neues" Konzept für Ehe und Familie: „The Covenant Marriage" (wörtliche Übersetzung: der Ehebund). Der Ehebund ist seit Februar 1997 im Staat Louisiana eine gesetzliche Alternative zur herkömmlichen Eheschließung, zu der sich bereits ein Jahr später 62% der Heiratswilligen entschlossen. Andere Bundesstaaten sind dabei, diese Alternative aufgrund der positiven Resonanz in der Gesellschaft ebenfalls gesetzlich zu verankern.
Diese Form der Eheschließung bedeutet für die zukünftigen Ehepartner das gegenseitige Einverständnis in folgenden Punkten und deren Umsetzung:

Jeder Partner verpflichtet sich, aktiv alles zu tun, um die Paarbeziehung, die Familie und die Familienbeziehungen zu erhalten und eine Trennung/Scheidung zu vermeiden.
Eine Trennung darf und kann frühestens zwei Jahre nach dem Beginn der umfassenden Maßnahmen zur Wiederherstellung der Beziehungen und zur Konfliktlösung gesetzlich beantragt werden.

Aus dieser Gesetzesinitiative und ihrer erfolgreichen Umsetzung entwickelten sich in vielen Bundesstaaten Initiativen wie das „National Marriage Movement", „The Smart Marriage Movement" zusätzlich zu bereits existierenden, unzähligen Programmen zur Stärkung und Festigung von Familienbeziehungen, wie das PAIRS Programm (Praktical Application of Intimate Relationship Skills).
Alle zielen auf das Erlernen von Fähigkeiten ab, wie Beziehungen aufgenommen, vertieft und aufrecht erhalten werden können.
Gemeinsames Ziel dieser Programme ist es außerdem, den Familien Kenntnisse zu vermitteln, Unterstützung und Hilfen anzubieten, bevor Schwierigkeiten unüberwindlich und unlösbar erscheinen.

II.3 Familienrechtliche Thematik

Die veränderte Rolle von Richtern und Anwälten

II.3.1 Familienrichter

Eine kanadische Richterin sprach über das „weltweit sich verändernde Selbstverständnis" von Familienrichtern durch Hinzunahme weiterer, nicht-juristischer Methoden und Arbeitsweisen, da die juristischen allein im Familienrecht nachweislich nicht ausreichten. Richter nähmen eine immer aktivere Rolle ein in der Anregung, Verfechtung und Ermutigung von vor- bzw. außergerichtlichen Verfahren zur Konfliktlösung.

II.3.2 Das norwegische Schlichtungsmodell

Eine norwegische Gruppe stellte das norwegische Schlichtungsmodell vor - beim Zuhören vergaloppierte sich meine Phantasie: das könnte auf der Basis der Paragraphen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ähnlich auch in der BRD verwirklicht werden.

Der gängigen strittigen juristischen Scheidung kann in Norwegen ein Schlichtungsversuch zwischen Richter, Eltern, Anwälten und einem Psychologen vorgeschaltet, bzw. dadurch ersetzt werden. Die Anregung dazu erhalten Eltern von ihren Anwälten, die Eltern treffen die Entscheidung dafür oder dagegen.
Der Schlichtung geht eine Evaluation der Familiensituation von etwa 40-50 Stunden voraus, die als Konfliktlösungs-Arbeit der Familie mit dem Psychologen verstanden und gestaltet wird. Danach treffen sich die Parteien mit dem Psychologen und den Anwälten beim Richter.

Hier scheint die norwegische Richtertradition auf die Parteien einen positiven, deeskalierenden Einfluß zu nehmen. Zitat: „Understatement ist die Devise". Norwegische Richter bringen den Parteien spürbaren Respekt entgegen, sie gehen einfühlsam und sanft auf die Parteien zu und schaffen eine angenehme, sichere und entspannte Atmosphäre. Außerdem können sie sich für jeden dieser Schlichtungsfälle zwei ganze Tage für den ersten Termin und je einen ganzen Tag für die beiden Folgetermine Zeit nehmen.

Von den Fällen, die diese Form der Schlichtung wählen, werden 87% ohne nachfolgendes gerichtliches Procedere und ohne Beteiligung weiterer Fachleute gelöst. Die Hoffnung scheint berechtigt, daß in naher Zukunft der frühere gerichtliche Weg ganz von diesem neuen Weg abgelöst werden kann. Dabei geht man in Norwegen davon aus, daß ca. 15% der Bevölkerung diesen Weg nicht wählen bzw. nicht erfolgreich gehen können, da sie aufgrund ihrer Sozialisation und (damit verbunden) von Defiziten ihrer sozialen Kompetenz oder aufgrund gravierender Persönlichkeitsstörungen zu einvernehmlichem Vorgehen nicht in der Lage sind.

Leider gibt es bislang keine englische Dokumentation dieses Projektes. Auf meine Nachfrage beim norwegischen Präsentator, ob ich sein Papier bekommen könne, entgegnete er mir grinsend: „How fluent is your Norvegian?" und erklärte mir , die Norweger seien einfach „faule Leute". Darauf versprach ich ihm, ihn solange zu belagern, bis er freiwillig eine englische Version verfassen würde, um seine Ruhe wieder zu haben.

Dieses Beispiel erwähne ich, weil es symptomatisch ist für die Abwesenheit von unangenehmem Konkurrenzverhalten, peinlichem Imponiergehabe und ermüdenden Selbstdarstellungen bei dieser Konferenz. Nicht funktionierende Overheadprojektoren, verwechselte Unterlagen oder Versprecher waren Anlaß zu heiterem, in keinem Moment abwertendem oder hämischem Gelächter. Verletzende Bemerkungen waren undenkbar. Nach jeder Präsentation fand eine kritische Auseinandersetzung statt, auch heftige Diskussionen entbrannten, es blieb jedoch immer konstruktiv. Das feedback für jeden Präsentator war ausnahmslos respektvoll und würdigte seine Arbeit. Die Inhalte waren auf dem wohl derzeit höchsten wissenschaftlichen Niveau. Die Form entsprach der kulturell bedingten amerikanischen „kindness"[1] - hierzulande gerne als „Oberflächlichkeit" abgetan. Verglichen mit der „Ehrlichkeit, Offenheit und Geradlinigkeit", mit der sich deutsche Experten und Wissenschaftler öffentlich vernichtendes feedback um die Ohren hauen können, war das eine wahre Wohltat.

 

II.3.3 Entwicklung spezieller Kompetenz im familienrechtlichen Verfahren

Die Rolle des Rechtsanwalts

Die Rolle des gegnerschaftlich orientierten Rechtsanwalts im Familienverfahren ist eine unheilvolle, das ist in USA nicht anders als in der BRD. Der Umgang auch von Juristen mit dem Verlusterleben, dem jede Trennungsfamilie ausgesetzt ist, war ein Workshop auf der Basis positiver Erfahrungen aus der Zusammenarbeit des „Portland Health Institutes“ in Oregon mit dort ansässigen Rechtsanwaltsfirmen. Die neuen Themen sind:

  1. Ausbalancieren von Mandatstreue und Kindeswohl

    - Obligatorische Elternschulung - BRD: Vorschlag zu Mediation des Sorge- und Umgangskomplexes

    -Veränderte Sprache: „Zeit mit dem Vater, mit der Mutter“ oder „Elternzeit“ (parental time) statt Umgang nicht Antragsteller und -gegner, sondern: der Vater/die Mutter, Herr/Frau X

    -Positive Veränderungen in der Elternbeziehung fördern in Zusammenarbeit mit dem zweiten Anwalt

    -Disziplinübergreifende Zusammenarbeit mit Psychologen [2]

    -Neue, nicht gegnerschaftlich orientierte Modelle anwenden: Notwendigkeit eigener Fortbildung im Sinne des „life-long-learning“

  2. Zusammenarbeit mit sozialpsychologischen Berufsgruppen nach dem Modell: „Respekt für die ganze Familie“. Umwelt- und umfeldbedingte Einflüsse gewichten anstatt Persönlichkeit des „Gegners“ demontieren.

  3. Umgang mit hochstrittigen Fällen
  4. Schwerpunkt: die konstruktive Reorganisation für die Familie des Mandanten.
    Juristische Unterstützung bei gerechten und fairen Lösungen, die späteres „Licht“ der Erkenntnis auf der anderen Seite nicht zu befürchten haben.

  5. Eigenes Selbst- und Rollenverständnis überprüfen:
    Familienrecht ist eine Berufung und kein Job. Dafür ist die Verantwortung zu groß, denn die getroffenen („erkämpften“) Entscheidungen stellen für alle Familienmitglieder Weichen für ihr Leben bis weit in die Zukunft hinein.

III Grenzen professioneller Interventionen

Aus einer Frage nach dem Umgang mit de facto Kontaktabbrüchen ergab sich eine Diskussion, in deren Verlauf alle vertretenen Berufsgruppen über die Grenzen ihrer Interventionsbemühungen sprachen. Trotz aller Beschlüsse und Interventionen verlieren sowohl ganz kleine Kinder als auch ältere, in einer Koalition mit einem Elternteil gebundene Kinder und Jugendliche den Kontakt zum anderen Elternteil. Unzählige haben ihn in den vergangenen Jahren verloren. Diese Realität kann nicht ignoriert werden. Was nicht heißt, es müsse nicht alles getan werden, um in Zukunft Kontaktabbrüche zu verhindern!

Nach allen Erfahrungen fällt die Wiederanbahnung des Kontakts zum verlorenen Elternteil Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr schwer, häufig wird sie über Jahre hinweg innerlich herumgetragen und immer wieder aufgeschoben. Eine Hauptrolle dabei spielen Enttäuschungs- und Zurückweisungsängste, Schuld- und Schamgefühle. Der Schritt zueinander fällt auch deshalb so schwer, weil weder der (temporäre) Abbruch der Eltern-Kind-Beziehung noch die verschiedenen Möglichkeiten der Wiederaufnahme jemals vor den davon betroffenen Kindern und Jugendlichen klar verbalisiert und mit ihnen besprochen wurde.
Somit herrscht bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen über Jahre hinweg tiefe, quälende Unsicherheit darüber, was der andere Elternteil denkt und fühlt und wie er bei einer Wiederannäherung reagieren würde.

Ich habe auf der Konferenz ein „Abschiedsritual" beschrieben, dass diese Entwicklung verhindern könnte. Es wurde mit großem Interesse aufgenommen und sogar von eimem Richter aus Nova Scotia/Canada schon praktisch umgesetzt. Um aber der Gefahr von Mißverständnissen und Fehlinterpretationen, vor allem bei tief verletzten und anhaltend wütenden Eltern, zu begegnen, bedarf es einer sehr ausführlichen Erläuterung. Die Vorstellung dieses Konzepts soll deshalb einer späteren Publikation vorbehalten sein.

 

[1] kindness: Freundlichkeit, Liebenswürdigkeit, Güte
friendliness: Freundlichkeit, Freundschaftlichkeit

[2] in den USA arbeiten häufig Familienanwälte mit Familienpsychologen in einer Kanzlei zusammen

 

(c) 8/2000 Ursula Kodjoe, Dipl. Psych., Fichtenstr. 29, 79194 Gundelfingen

Dieser Bericht ist ausschließlich für die Publikation auf den Internetseiten von „VÄTER FÜR KINDER e.V." bestimmt. Urheberrecht und Copyright sind der Verfasserin vorbehalten. Kopien zur Weiterverwendung bedürfen der Genehmigung.