Aus Kanada wurde im Februar 1998 gemeldet, daß die sorgeberechtigte Mutter eines vierjährigen Kindes für 60 Tage ins Gefängnis mußte, weil sie wiederholt das Umgangsrecht des Vaters verletzt hatte. Eine Haftstrafe dieser Dauer wurde als ungewöhnliches Urteil empfunden. In einem anderen kanadischen Fall wurde die Mutter zu einer sechstägigen Haftstrafe verurteilt, nachdem sie einen gerichtlichen Umgangsbeschluß mißachtet hatte.
Seit dem vorläufigen Abschluß der Reform des französichen Familien- und Kindschaftsrechts im Jahr 1993 ist die Verhinderung des gerichtlich bestimmten Umgangs durch den verantwortlichen Elternteil ein Straftatbestand, der mit Gefängnis und Geldstrafen geahndet wird. Im Jahr seit der Reform sollen in Frankreich rund 12.000 Fälle von Umgangsvereitelung anhängig gewesen sein, von denen bis auf 800 alle eingestellt werden konnten, weil die verantwortlichen Elternteile einlenkten, als sie merkten, daß ihnen ernstlich Sanktionen drohen. Dieser Befund widerlegt die in Deutschland verlautbarte Meinung, Umgangsvereitelung dürfe schon um der Kinder willen nicht bestraft werden. Die Meinung ist deswegen irrig, weil es, wie den französischen Erfahrungen zu entnehmen ist, fast nie nötig wird, tatsächlich eine Strafe auszusprechen. Michael Reeken kommentiert dazu (Die Reform des Familienrechts - ein Vergleich zwischen Frankreich und Deutschland. Zentralblatt für Jugendrecht, Jhrg. 80, Nr. 12/93, S. 570-574): Der französische Gesetzgeber hat "die Erkenntnis umgesetzt, daß der viel beschworene Streit der Eltern in Hinblick auf die Kinder überhaupt nur befriedet und durch Kompromisse ersetzt werden kann, wenn beide Eltern sich als absolut gleichberechtigt und in ihrer Elternverantwortung gleichermaßen wichtig genommene Personen erleben können."
Großbritannien hat mit seinem Fallrecht ein anderes Rechtssystem, in dem im Grundsatz Fälle nicht nach kodifizierten Gesetzen, sondern unter Bezug auf in ähnlichen Fällen früher ergangene Urteile entschieden werden. Wie die britische Shared Parenting Information Group berichtet, hat es immer wieder Versuche von Amtsgerichten gegeben, Eltern mit Geld- oder Gefängnisstrafen zu belegen, wenn sie Anordnungen zum Umgangsrecht zuwiderhandelten. Bis 1989 sind aber alle diese Urteile durch das Berufungsgericht aufgehoben worden. Dann kam der Durchbruch. Die Gefängnisstrafe einer Mutter wegen Umgangsvereitelung wurde vom Berufungsgericht bestätigt. Seither haben entsprechende Urteile immer wieder Rechtskraft erlangt.
Auch in Slowenien ist Umgangsvereitelung ein Straftatbestand. Hier kann der betreuende Elternteil sogar dann mit Geldstrafen belegt werden, wenn das Kind den Umgang mit dem anderen Elternteil ablehnt, weil die Ursache für die Ablehnung im Einfluß des betreuenden Elternteils gesehen wird.
Die türkische und schwedische Rechtsprechung reagiert bei Umgangsvereitelung mit Sorgerechtsänderung. Aus Schweden wird berichtet, daß seit Einführung dieser Rechtsprechung die Kontakte der Trennungs- und Scheidungskinder zum getrennt lebenden Elternteil erheblich zugenommen haben.
In den meisten Ländern sind Ehegattenunterhaltsanspruch und Umgangsrecht völlig getrennte Rechtspositionen; das eine kann nicht mit dem anderen verknüpft werden. In Österreich hat der Oberste Gerichtshof 1995 in einem schweren Fall von Umgangsverweigerung durch die Mutter entschieden, daß dem Vater nicht zugemutet werden kann, in Zukunft die Unterhaltslast für sie zu tragen. Wir berichteten darüber in VfK-Info 7/97. Auch nach israelischem Recht verwirkt den Unterhaltsanspruch, wer das Umgangsrecht des anderen Elternteils nicht achtet.
Aus Deutschland ist uns nur ein einziger Fall bekannt, in dem ein Gericht energische Maßnahmen gegen eine gerichtliche Umgangsverfügung erließ. Es handelt sich um einen Beschluß des Amtsgerichts Zwickau vom Juli 1996. Der Antragsgegnerin wurde für den Fall des vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoßes gegen die bestehende gerichtliche Umgangsregelung ein Zwangsgeld bis zu 15.000 DM oder Zwangshaft von 6 Monaten angedroht. Das Gesetz bietet die Möglichkeit der Sorgerechtsübertragung auf den bisher nicht betreuenden Elternteil. Diese Möglichkeit wird aber von den deutschen Gerichten als 'ultima ratio' gegen Sabotage des Umgangsrechts angesehen. Entsprechende Urteile sind derartig selten, daß sie regelmäßig veröffentlicht werden.
Keinem Elternteil kann daran gelegen sein, daß der andere im Gefängnis verschwindet, es sei denn, sein Urteilsvermögen wäre durch krankhaften Haß beeinträchtigt. Als Maßnahme gegen Umgangsvereitelung haben Strafandrohung und Strafe dennoch ihre Berechtigung, weil sie Symmetrie bei den elterlichen Pflichten und Rechten herstellen und dafür sorgen, daß es in der überwältigenden Anzahl der Fälle zu einer Verständigung der Eltern kommt, der Ernstfall also gar nicht erst eintritt. Dazu noch einmal Michael Reeken (a.a.O.): Es ist eine "uralte Erkenntnis, daß friedlicher Ausgleich nur bei Waffengleichheit und völliger Gleichberechtigung der Kontrahenten möglich ist."