KIND - FAMILIE - MENSCHENRECHTE
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                                Väter für Kinder e.V.
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Nummer 10/97

verantwortlich i. S. d. P.: Dr. A.. Schneider / Vorsitzender  


Neue Urteile zur Verfahrensdauer

In den letzten Wochen sind aus der Presse höchstrichterliche Urteile bekannt geworden, die für alle diejenigen von Bedeutung sind, die mit einer überlangen Verfahrensdauer konfrontiert sind.

Im einen Fall steht erstmalig das Bundesverfassungsgericht wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. I der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) am Pranger. Dieser gibt jedermann ein Recht darauf, daß seine Sache "innerhalb einer angemessenen Frist" vom Gericht erledigt wird. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied am 1.7.1997, daß die höchsten deutschen Richter zu langsam gearbeitet haben. Dazu der Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 2.7.1997: "Der Fall war läppisch, es ging um Bestirnmungen des Bundeskleingartengesetzes. Das Bundesverfassungsgericht hatte im 'Fall Pammel' fünf Jahre und drei Monate, im 'Fall Probstmeier' sieben Jahre und vier Monate gebraucht, um über das Recht des Kleingärtners zu entscheiden Immerhin: Die Beschwerdeführer erhalten nun fur die Saumseligkeit der deutschen Richter eine Entschädigung von je 15000 DM. Zahlen muß die Bundeskasse. Der immaterielle Schaden ist viel höher: Deutschland hält sich viel zugute auf sein Rechtssystem, geriert sich gern als Tabellenführer in der Liga europäischer Rechtsstaaten. Eine Verurteilung wegen einer Menschenrechtsverletzung, begangen vom höchsten deutschen Gericht, macht sich da nicht gut . " Das Urteil ist umso bemerkenswerter, als das Bundesverfassungsgericht selbst schon häufig entschieden hat, daß auch durch gerichtliche Untätigkeit Grundrechte verletzt werden können

In einem weiteren Fall hat nun das Verfassungsgericht die überlange Verfahrensdauer als Grundrechtsverletzung gerügt (1 BvR 711/96 [ FamRZ 1997, 871-873; NJW 1997, 2811-2812], Bericht in der SZ vom 27.8.1997). Im September 1990 hatte ein Vater beim Vormundschaftsgericht Umgang mit seinen beiden zwei und vier Jahre alten nichtehelichen Söhnen beantragt. Sieben Jahre später sind die Kinder jetzt neun und elf, aber eine Entscheidung ist noch immer nicht ergangen. Der Vormundschaftsrichter habe sich durch die "aggressive Prozeßführung" der Mutter so in die Defensive drängen lassen, daß er jahrelang eine Entscheidung verschleppte. Der verzweifelte Vater reichte 1996 Verfassungsbeschwerde "gegen die Verfahrensdauer" ein und erhielt recht. Das Verfassungsgericht stellte in seiner Begründung fest, daß "das Umgangsrecht eine vom Grundgesetz besonders geschützte Rechtsposition darstellt". "Daß das Gericht trotz der offenkundigen Verweigerungshaltung der Mutter über Jahre hinweg keine geeigneten Maßnahmen ergriffen hat, um den sachgerechten Abschluß des Verfahrens wenigstens in erster Instanz sicherzustellen", könne unter dem Gesichtspunkt des Rechtsstaatsprinzips nicht hingenommen werden." Die Verfassungsrichter betonten außerdem den kritischen Faktor Zeit, weil gerade im Sorge und Umgangsrecht" jede Verfahrensverzögerung wegen der eintretenden Entfremdung häufig schon rein faktisch zu einer (Vor- ) Entscheidung führt, noch bevor ein Richterspruch vorliegt".

Überlange Verfahrensdauern sind gerade in Kindschaftssachen keine Seltenheit, besonders da, wo aggressive Prozeßführung, Blockadehaltung einer Seite und psychologische Gutachten zusamrnenkornmen. Die vorstehenden Urteile sind für die Betroffienen von Bedeutung. Wir bitten alle, die von unangemessen langen Verfahrensdauern beeinträchtigt sind, um Kontaktaufnahme und Mitteilung, wer die Beschwerdeführer, wer die beteiligten Rechtsanwälte und welches die zuständigen Gerichte sind.  

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