KIND - FAMILIE - MENSCHENRECHTE

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                                 Väter für Kinder e.V.
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Nummer 3/98
verantwortlich i. S. d. P.: Dr. A. Schneider / Vorsitzender


 

 Das Umgangsdurchsetzungsgesetz Floridas

Viele US-amerikanische Staaten haben aus der Notwendigkeit fortbestehender Kontakte der Kinder zu beiden Eltern bei Trennung und Scheidung Konsequenzen für die Rechtsprechung gezogen, von denen wir in Deutschland nur träumen können. Wir bringen im folgenden Bestimmungen aus dem Umgangsdurchsetzungsgesetz Floridas von 1996, das Maßnahmen zur Durchsetzung eines häufigen und zuverlässigen Umgangs vorsieht.

Das Familienrecht von Florida

Auszüge aus Kapitel 61: Ehescheidung, Unterhalt, Sorgerecht

61.13: Sorge- und Umgangsrecht

... Es ist die Politik dieses Staates sicherzustellen, daß jedes minderjährige Kind nach Trennung oder Scheidung seiner Eltern häufige und fortbestehende Kontakte zu beiden Elternteilen hat, und die Eltern zu ermutigen, die Rechte, die Verantwortung und die Freuden der Kindererziehung zu teilen. Unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände werden Vater und Mutter bei der Bestimmung des Aufenthaltsortes des Kindes unabhängig von seinem Alter und Geschlecht gleichberechtigt behandelt. Das Gericht wird die gemeinsame elterliche Sorge bestimmen, es sei denn, sie ließe sich mit dem Kindeswohl nicht vereinbaren.

Beantragt ein betreuender Elternteil, mit dem Kind umzuziehen, und würde durch einen Umzug das Umgangsrecht des anderen Elternteils beeinflußt, so hat das Gericht folgende Umstände zu bewerten: Erhöht der beabsichtige Umzug die Lebensqualität von betreuendem Elternteil und Kind? Was bedeutet der Umzug für das Umgangsrecht? Ist anzunehmen, daß der betreuende Elternteil neue Umgangsvereinbarungen einhalten wird? Würde eine neue Umgangsvereinbarung dem Bedürfnis nach einem verläßlichen und befriedigenden Verhältnis des Kindes zu dem anderen Elternteil gerecht? Kann eine der beiden Parteien die durch den Umzug bedingten Reisekosten des umgangsberechtigten Elternteils aufbringen? Dient der Umzug dem Kindeswohl?

Bei der Entscheidung über den Aufenthaltsort des Kindes hat das Gericht alle das Kindeswohl berührenden Umstände zu berücksichtigen, unter anderem:

- Welcher Elternteil wird mit größerer Wahrscheinlichkeit häufige und dauerhafte Kontakte zum anderen Elternteil ermöglichen?

- Liebe, Zuneigung und andere emotionale Bindungen des Kindes

- Fähigkeit und Bereitschaft der Eltern, das Kind mit Nahrung, Kleidung, medizinischer Betreuung zu versorgen und seine sonstigen materiellen Bedürfnisse zu befriedigen

- die Dauer, die das Kind in stabilen, befriedigenden Verhältnissen zugebracht hat und das Bedürfnis nach Kontinuität

- die Beständigkeit des bestehenden oder beantragten Aufenthaltsortes

- die moralische Reife der Eltern

- die geistige und körperliche Gesundheit der Eltern

- das Zuhause, die Schule und das soziale Umfeld des Kindes

- der Wunsch des Kindes, sofern das Gericht es für hinreichend intelligent, verständig und erfahren hält, einen solchen Wunsch zu äußern

- die Bereitschaft und Fähigkeit jedes Elternteils, ein enges und stabiles Verhältnis zum anderen Elternteil zu erleichtern und zu fördern

- die etwaige Erkenntnis, daß eine der Parteien wissentlich dem Gericht Fälle häuslicher Gewalt oder des Kindesmißbrauchs verschwiegen hat

... Kommt der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, der Umgangsrecht besitzt und zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet ist, dieser Unterhaltsverpflichtung nicht nach, so hat der betreuende Elternteil das Umgangsrecht weiter zu respektieren. Verweigert der betreuende Elternteil das Umgangsrecht des unterhaltsverpflichteten Elternteils, so besteht dessen Unterhaltsverpflichtung weiter.

Vereitelt ein betreuender Elternteil das Umgangsrecht des anderen Elternteils oder der Großeltern ohne annehmbaren Grund, ordnet das Gericht an, daß der versäumte Umgang nachgeholt wird. Dabei sind das Kindeswohl und die Möglichkeiten des Umgangsberechtigten zu berücksichtigen. Ferner kann das Gericht anordnen, daß die Gerichts- und Anwaltskosten des Umgangsberechtigten dem betreuenden Elternteil auferlegt werden. Es kann überdies den betreuenden Elternteil zur Teilnahme an einem Kurs über Scheidungsfolgen für die Kinder und zu gemeinnützigen Tätigkeiten verurteilen. Lebt der betreuende Elternteil mehr als 100 km vom umgangsberechtigten Elternteil entfernt, kann das Gericht dem betreuenden Elternteil die Kosten der Ausübung der Besuchskontakte auferlegen. Das Gericht kann dem besuchsberechtigten Elternteil die elterliche Sorge übertragen oder abwechselndes Sorgerecht anordnen, wenn das dem Kindeswohl entspricht, oder andere Sanktionen gegen den Elternteil anwenden, der das Umgangsrecht mißachtet.

61.183 Mediation

In allen Verfahren um elterliche Verantwortung, Wohnort des Kindes, Umgangsrecht oder Kindesunterhalt kann das Gericht eine Mediation anordnen.

61.21 Kurse über Scheidungsfolgen für Kinder

Die Parteien eines Scheidungsverfahrens, bei dem es um Elternverantwortung, Sorge- oder Umgangsrecht geht und von dem minderjährige Kinder betroffen sind, können verpflichtet werden, einen gerichtlich anerkannten Kurs über die Scheidungsfolgen für Kinder zu absolvieren, bevor das Gericht seine endgültige Entscheidung trifft.

61.401 Anwalt des Kindes

Das Gericht kann einen Anwalt des Kindes bestimmen. Seine Aufgabe ist es, als Freund des Kindes zu fungieren und im Sinne des Kindeswohls die bestehenden Möglichkeiten zu untersuchen und zu bewerten.

Kommentar

Der Kontrast zu den Verhältnissen im deutschen Kindschaftsrecht kann schwerlich drastischer sein. Dieses ist die Rechtsprechung bei uns:

In streitigen Verfahren erhält nahezu ausschließlich die Mutter das alleinige Sorgerecht. Vater und Mutter sind zwar nach dem Buchstaben des Gesetzes, nicht aber nach der vorherrschenden Rechtsprechung gleichberechtigt. Maßstab der gerichtlichen Sorgerechtsentscheidungen ist nicht die Toleranz, die der betreuende Elternteil gegenüber den Bindungen des Kindes an den anderen Elternteil erwarten läßt, sondern das veraltete Kontinuitätsprinzip, nach dem die Kinder bei dem bleiben sollen, in dessen Obhut sie bisher überwiegend waren. Dieses Prinzip lädt zu Kindesentführung geradezu ein.

Sanktionen gegen Umgangsvereitelung sind nach dem Gesetz möglich, werden aber höchst selten angewandt. Von der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Sorgerechtsübertragung wird äußerst selten Gebrauch gemacht.

Kann ein Elternteil - fast immer der Vater - von seinem Umgangsrecht nur mit Hilfe der Anrufung des Gerichts Gebrauch machen, so werden die anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten zwischen den Parteien geteilt. Es ist kaum ein Urteil bekannt geworden, wonach diese Kosten dem verweigernden Elternteil auferlegt werden mit der Begründung, daß er es ist, der den anderen Elternteil dazu zwingt, den Weg über das Familien- oder Vormundschaftsgericht zu nehmen.

Der betreuende Elternteil bestimmt allein den Aufenthaltsort des Kindes. Indem er vom anderen Elternteil weit genug wegzieht, kann er den Umgang zu Fall bringen.

Bei großer Entfernung der Wohnorte der Elternteile hat der besuchsberechtigte Elternteil allein die Reisekosten zu tragen. Salopp gesagt argumentiert der BGH zynisch: Wer seine Kinder besuchen will, soll gefälligst auch dafür bezahlen.

Ist der unterhaltsverpflichtete Elternteil auf Arbeitssuche, so ist er verpflichtet, Arbeitsstellen auch dann anzunehmen, wenn durch große Entfernung zum Wohnort der Kinder die Ausübung des regelmäßigen Umgangs unmöglich gemacht wird. Dem Sorgeberechtigten auf Stellensuche wird lediglich zugemutet, Arbeitsstellen im Umkreis seines Wohnortes anzunehmen.
 

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