Väter für Kinder e. V. Buchrezension:  Katrin Hummel, Entsorgte Väter. Der  Kampf um die Kinder: Warum Männer weniger Recht bekommen. Bastei Lübbe GmbH & Co KG, Köln, 2010. ISBN  978-3-43103816-3. 282 Seiten. 16,99 Euro.
Inhalt.
Einleitung...........................................................................9  
1. Wenn die Liebe vergeht............................................15
2. Entsorgte Väter..........................................................33
3. Entfremdete Kinder.................................................125
4.Väter als Täter..........................................................159
5.Die Sicht einer entsorgenden Mutter.....................187
6 .Es geht ja doch, oder das Cochemer Modell......231
7.Warum Männer weniger Recht bekommen..........259
Danksagung................................................................268
Anmerkungen..............................................................270
Literatur.......................................................................279
Vereine........................................................................282
Links............................................................................284

   Klagen über die Benachteiligung von Vätern gegenüber Müttern in der Praxis der Kindschaftsrechts gibt es weltweit, auch wenn die Maxime schon längst lautet, dass allein nach dem Kindeswohl (engl. "best interest  of the child") zu entscheiden sei, und nicht mehr, dass das Sorgerecht der Hauptbezugsperson (principal caretaker), oder in jungen Jahren automatisch der Mutter zuzuordnen sei (tender years doctrin).  Wir stehen (trotz unseres historisch bedingten Vereinsnamens) solchen Klagen skeptisch gegenüber, solange sie nicht durch Fakten belegt sind, weil wir auch aus vielen Zuschriften wissen, wie sehr Mütter darunter leiden und wie ungerecht sie es empfinden, wenn ihnen der Zugang zu ihren Kindern verwehrt wird, verstärkt vielleicht noch dadurch, dass in der Bevölkerung die Meinung vorherrscht, dass Kinder "normalerweise" zur Mutter gehören.
   Hinweise darauf, inwieweit diese Meinung auch die professionellen Trennungs-/Scheidungsbegleiter beeinflusst lassen sich allenfalls aus statistischen Daten über die Verteilung des Sorgerechts ableiten. Auf diesen Punkt geht die Autorin auf S. 22-23 ein, unter Heranziehung von Daten des Statistischen Bundesamtes und weiterer Dokumente (Fußnote 6), mit der erschreckenden Schlussfolgerung: ,,Dass ein geschiedener Vater das alleinige Sorgerecht zugesprochen bekommt, ist noch unwahrscheinlicher, als dass sein Kind außerhalb seiner Kernfamilie untergebracht wird." Statt in jedem siebten bis achten Fall wird Müttern dagegen in der Hälfte der strittigen Fälle vom Gericht das alleinige Sorgerecht zugesprochen. Vor der Reform von 1998, als der deutsche Staat sich noch regelmäßig anmaßte den "besseren" Elternteil zu bestimmen, statt der jetzt vorherrschenden gemeinsamen Sorge, war das Verhältnis vermutlich noch weit krasser. Für den Umgang mit dem Kind ist aber in erster Linie wesentlich, bei wem das Kind nach derTrennung hauptsächlich wohnt. Wenn rund 85 % der Kinder bei der Mutter wohnen erübrigt sich die Frage, ob etwa Mütter eher dazu neigen als Väter den Umgang zu vereiteln. Zahlenmässig sind schon deshalb ungleich mehr Väter als Mütter von Umgangsverweigerung und Eltern-Kind-Entfremdung betroffen. Deshalb auch dieses Buch über "entsorgte" Väter und "entsorgende" Mütter. Zumindest die Tatsache aber, dass Mutter und Kind durch Schwangerschaft und Geburt schon eine enge Bindung haben und sich die Triade  Mutter-Kind-Vater erst bilden muss, ist ein geschlechtsspezifischer Unterschied der eine tragende Rolle spielt, auch in mehreren der im Buch geschilderten Fälle. Wir haben schon in der Rezension des Buches von  Wolfgang Mayer König, Das zerissene Kind (2009) darauf hingewiesen, dass Paarbeziehungen gehäuft in der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt des Kindes zerbrechen und damit der Vater dann nicht selten überhaupt keine Möglichkeit hat sein Kind auch nur kurz zu sehen.  
   Die deutsche Gesetzeslage und Rechtspraxis tut ein übriges, um diese Probleme und die Benachteiligung von Vätern zu verschärfen, vielleicht erklärlich aus dem besonderen deutschen Müttermythos. Da ist nicht nur die kürzlich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klar festgestellte Diskriminierung nichtehelicher Väter beim Sorgerecht, dessen festgestellte Verfassungsmässigkeit auch auf dem sehr praxisfernen Mythos beruhte, dass sich Mütter bei ihrem Veto zum gemeinsamen Sorgerecht stets nur vom Kindeswohl leiten ließen, aber wohl nicht die Väter, die es anstreben. Zitat:aus der Entscheidung; ,,Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass eine Mutter, gerade wenn sie mit dem Vater und dem Kind zusammenlebt, sich nur ausnahmsweise und nur dann dem Wunsch des Vaters nach einer gemeinsamen Sorge verweigert, wenn sie dafür schwerwiegende Gründe hat, die von der Wahrung des Kindeswohls getragen werden, dass sie also die Möglichkeit der Verweigerung einer Sorgeerklärung nicht etwa als Machtposition gegenüber dem Vater missbraucht."
  Auch dadurch, dass ein nicht sorgeberechtiger Elternteil nur indirekt über den sorgeberechtigten Elternteil Auskunft über sein Kind erlangen kann, wird es leicht gemacht einen solchen Elternteil (meist der Vater) komplett vom Leben des Kindes auszuschließen. Dazu kommt, dass der sorgeberechtigte Elternteil auch ohne dringende berufliche oder persönliche Notwendigkeit mit dem Kind nach Belieben in den entferntesten Winkel der Republik oder gar Ausland umziehen kann und der zurückgelassene Elterrnteil dann noch dazu allein für die Logistik und erhöhten Kosten des Umgangs aufkommen muss. Selbst die eigenmächtige Mitnahme eines Kindes, unter Verletzung des Mitsorgerechts des anderen Elternteils hat immer noch eher taktische Vorteile, statt wie anderswo ernsthafte Sanktionen nach sich zu ziehen (erst seit der Reform vom 1.9.2009 kann der Gerichtsort dann am früheren Aufenthaltsort des Kindes verbleiben, muss aber nicht). Ernsthafte Sanktionen gibt es selbst bei jahrelanger hartnäckiger Umgangsvereitelung und dem vielfachen Ignorieren von Gerichtsbeschlüssen dazu hierzulande nur in den seltensten Fällen. Eine gleichwertige Elternschaft, wie sie zunehmend auch unsere europäischen Nachbarstaaten anstreben, wird auch dadurch behindert, dass für den Kindesunterhalt (in einem Wechselmodell) nicht anteilmäßig beide Eltern je nach relativen Einkommen und Verweildauer des Kindes aufkommen müssen, sondern der "Umgangsberechtigte" ganz unabhängig davon den vollen Barunterhalt schuldet (außer im unrealistischen Falle einer exakten 50:50 Aufteilung der Verweildauer). Und schließlich tut die öffentliche Förderung stark ideologisierter Gruppen, die nicht nur ständig "Männergewalt" thematisieren, sondern gar ,,Alleinerziehen als Befreiung. Mutter-Kind-Familien als positive Sozialisationsform und als gesellschaftliche Chance" oder ,,Einelternfamilien" als ,,zukunftsweisende Lebensform" sehen [und das, wenn fast die Hälfte davon Hartz IV bezieht!!], ein Übriges, vgl. z. B. Kongress Kinderschutz und Kindeswohl im Sorge -und Umgangsrecht, Frankfurt/Main 18-19.1.2008.

   Die Autorin geht bei der Begründung ihrer These von der Benachteiligung von Vätern ebenfalls auf die von uns oft monierten Probleme in der deutschen Kindschaftsrechtspraxis ein und zeigt überhaupt, auch mit ihrer Dokumentation ( in den Fußnoten etc.), dass sie nicht nur die rechtlichen Fragen, sondern auch die psychologische Hintergrundinformation sorgfältig recherchiert hat. Dargestellt wird die Thematik der Anschaulichkeit halber jeweils an konkreten Fallbeispielen. Dabei überrascht es uns überhaupt nicht mehr, dass nur die "entsorgten" Väter aussagebereit waren, die "entsorgenden" Mütter dagegen der Autorin teilweise sogar mit rechtlichen Schritten drohten. Um die Motivation solcher Mütter genauer verstehen zu können war sie deshalb wesentlich auf Briefe einer solchen Mutter an den "biologischen" Vater und seine Familie angewiesen (Kapitel 5).  Auch wenn diese Briefe wegen ihrer übergroßen Länge und der philosophischen oder introspektiven  "Ergüsse" einigermaßen ermüdend sind, so geben sie doch einen guten Einblick in die Psyche und was Schwangerschaft und eine schwierige Kindheit in einer Scheidungsfamilie bewirken können. Diese Briefe als auch die anderen Fallbeispiele legen deutlich nahe, dass sich "entsorgende" Mütter von entfremdenen Vätern dadurch wesentlich unterscheiden, dass sie zusätzlich zu narzistischer Verletzung als Motiv, das Kind als "Zugewinn" aus der gescheiterten  Beziehung betrachten, den sie quasi als "Naturrecht" nicht nur mitnehmen können, sondern darüber auch frei verfügen können, ohne dass dabei der "Erzeuger"  in der  "Einelternfamilie" oder einer "neuen Familie" noch eine Rolle spielen sollte, sondern nur stört.
    Kapitel 1 beginnt mit einem Fall in dem die Frau bald nach Beginn der Schwangerschaft erhebliche Stimmungsschwankungen zeigt und schließlich die Beziehung ganz abbricht..Über den Fortgang der Schwangerschaft bekommt der "werdende Vater" nur wenige Informationen über eine gemeinsame Freundin, muss aber wahre Detektivarbeit leisten, bis es ihm schließlich gelingt seinen Sohn in einem der Krankenhäuser zu finden. Aber schon nach 30 Sekunden wird er hinausgewiesen, ohne jede Auskunft über das Kind, weil die Mutter es so verfügt hat.  Er hat auch nach Anerkennung seiner "biologischen" Vaterschaft kein direktes Auskunftsrecht, weil die Mutter ein gemeinsames Sorgerecht abgelehnt hat. Und wenn es nur zu einer schon angedeuteten Minimallösung zum Sorgerecht nicht miteinander verheirateten Eltern kommt, wird er auch dann leer ausgehen, weil sie nie als Eltern zusammengelebt haben, ganz gleichgültig, wie intensiv er sich, trotz aller ihn von der Mutter in den Weg gelegten Schwierigkeiten von Anfang an um den Kontakt zu seinem Sohn bemüht hat und Unterhalt bezahlt, ja sogar schon vor der Geburt seine Vaterschaft anerkannt haben wollte. Da hätte der Vater im zweiten in Kapitel 1 eingeführtern Fall vielleicht etwas bessere Chancen ein Sorgerecht nachträglich zu bekommen, obwohl er am Zerbrechen der Beziehung einen nicht unwesentlichen Anteil hatte, aber etwa ein Jahr lang nach der Geburt des Kindes eine gemeinsame Wohnung mit der Mutter des Kindes bestand. Dass er in noch guten Zeiten durch eine Sorgerklärung mit der Mutter des Kindes  auch  bei der  jetzigen Gesetzeslage ein gemeinsames Sorgerecht erlangen hätte können, wusste er nicht. Die Mitarbeiterin des Jugendamtes hätte ihm nur erklärt ,,Wenn man nicht verheiratet ist, hat die Mutter das Sorgerecht."  (Es wird immer wieder berichtet, dass Müttern in Jugendämtern sogar abgeraten wird, ihre ausschließlichen Rechte durch eine gemeinsame Sorgeerklärung aufzugeben.) 
  Kapitel 2 beschreibt den zermürbenden Kampf beider Väter um Kontakt zu ihrem Kind. Die nach zahlreichen Gerichtsverfahren und Begutachtungen verfügten Umgangsrechte, auch die eines begleiteten Umgangs,  werden häüfig boykottiert, ohne dass dies Folgen für die Mütter hatte, auch dann nicht als ihre Instrumentierung der.Kinder klar erkannt wird. Der Vater im zweiten Fall erhält, obwohl es trotz aller Widrigkeiten immer wieder auch herzliche Kontakte gegeben hatte, schließlich einen Brief seiner neunjährigen Tochter:
Hallo Daniel!
ich habe im Gericht schon gesagt, dass ich dich  nicht mag. Und ich will dich nicht sehen. Und ich möchte auch nichts mit dir unternehmen. Und ich möchte auch nicht, dass das Gericht mich zu irgend was zwinkt.
Johanna.
Dieser Vater schadet sich aber auch selbst erheblich, weil er sich durch einen früheren Freund der Mutter, den sie ein Jahr nach der Trennung heiratet und der dann eine Vaterrolle annimmt, provoziert fühlt, so dass es sogar zu Gewalttätigkeiten kommt. Ein Verfahrensbeistand findet nach einer einzigen einstündigen Befragung des Kindes, dass die Ablehnung des Vaters nicht durch Beeinflussung zustande kam, sondern erlebnisbegründet sei. Das Gericht folgt seiner Empfehlung, dass der Vater sich vom Kind verabschieden solle, weil das Kind zur Ruhe kommen müsse. Damit ist der Kontakt wenigstens auf lange Sicht komplett abgebrochen.
Vater 1 war zwar nie gewalttätig, dennoch versucht die Mutter alle Möglichkeiten des Gewaltschutzgesetzes auszuschöpfen, um ihn fern zu halten, findet allerdings bei Staatsanwaltschaft und Gericht  keinen Anklang. Dazu auf Seite 85 der Kommentar des Kriminologen / Soziologen  Michael Bock zur Trennung der Kinder von den Vätern in einem Gutachten aus 2001: ,,Das neue Gewaltschutzgesetz stellt den ausgrenzenden Müttern ein erheblich einfacheres Werkzeug  zur Trennung von den Vätern zur Verfügung. Die bekannten Rituale der Umgangsvereitelung (dazu zitiert die Autorin häufig Klenner, 1995)  werden um die falsche Gewaltbeschuldigung erweitert.  ......."
   Kapitel 4, Väter als Täter, beschätigt sich sehr ausführlich mit der "ultimativen Waffe" zur Umgangsvereitelung, dem unbegründeten Vorwurf eines sexuellen Kindesmissbrauchs,.der zumindest zu einer weiteren Entfremdung des Kindes führt, selbst wenn eingeschränkter, begleiteter Umgang während der dann meist folgenden langen Begutachtungsphase stattfinden sollte.
   Mit Eltern-Kind-Enfremdung (PAS) beschäftigt sich Kapitel 3, wieder an Hand eines keineswegs untypischen Falles: Die  Mutter trennt sich vom Vater unter "Mitnahme" des  7 jährigen Timo und seiner Schwester. Sie beeinflusst dann die Kinder ständig gegen den Vater, so lange bis Timo mit 11 schließlich doch einen Brief schreibt, den die Mutter ihm diktiert und in dem er weitere Kontakte mit dem Vater ablehnt. Weitere ablehnende Briefe folgen.. Mit 18  versucht Timo sich von der Symbiose mit der Mutter zu lösen. Es kommt zunehmend zu Konflikten mit ihr, die schließlich mit seinem Hinauswurf enden. Daraufhin sucht er den Kontakt zu seinem Vater, woraus sich dann ein inniges Verhältnis entwickelt. Jedoch leidet er später eine Zeit lang unter Depressionen, von denen er annimmt, dass die Ursache in seiner Kindheit liegt. (Die Autorin zitiert dazu Arbeiten, die das für "PAS Kinder" bestätigen.) Seine Mutter (eine Universitätsprofessorin) hat er seit dem "Rauswurf" nicht mehr gesehen, außer bei Gericht in einem langen Streit wegen Volljährigenunterhalt während seines Studiums.
  Kapitel 6 ist eine sehr gelungene, anschauliche Darstellung des "Cochemer Modells", wieder an Hand eines Fallbeispiels.
  Kapitel 7 schließlich fasst zusammen, warum Väter weniger Recht bekommen und bietet unter Hinweis auf das Ausland Lösungsmöglichkeiten an, um diese Diskriminierung zu beenden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass dieses Buch sehr empfohlen werden kann, weil es sachlich und auf Grund offensichtlich ausführlicher Recherchen gut dokumentiert, aber dennoch sehr anschaulich das Trennungs-/Scheidungsdrama darstellt, wie es speziell von Vätern und ihren Kindern so häufig erlebt wird.