PARENTAL ALIENATION (PA)

Eltern-Kind-Entfremdung

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Interdisziplinäre Erkenntnis einer Familienrichterin (Amtsgericht München, jetzt OLG München) zum Parental Alienation Syndrome, in einem Urteil vom Juni 1998. 

,, Beide Kinder machten bei ihren Anhörungen einen so aufgeweckten Eindruck, daß das Gericht davon überzeugt ist, daß sie zumindest nicht im Sinne des "Parental-Alienation-Syndrome" manipulierbar sind." 

Ein vom Jugendamt / ASD empfohlenes und vom Vater wiederholt beantragtes psychologisches Fachgutachten erübrigte sich angesichts dieser zwar im Vergleich zur Fachliteratur über Aussagepsychologie und PA unseres Wissens nach neuen Erkenntnis, aber klaren Überzeugung des Gerichts.

Ein Glaubhaftigkeitsgutachten wegen sexuellen Missbrauchsvorwürfen war dagegen unverzüglich angeordnet worden, obwohl die Aussagen des Kindes dazu in der gerichtlichen Anhörung zum Umgangsantrag des Vaters so knapp und vage waren, dass die Sachverständige zunächst, offensichtlich erstaunt, fragte, ob sie nicht weiter hinterfragt worden waren, was von der Richterin verneint wurde. Dem Vater war vom Gericht vor diesem Beschluss keinerlei Gelegenheit geboten worden zu den Beschuldigungen auch nur kurz Stellung zu nehmen.

 Die Sachverständige hielt dazu im Gutachten auch fest, dass die Aussagen bei Gericht überhaupt nicht für das in Auftrag gegebene Glaubhaftigkeitsgutachten geeignet waren. Dieses wurde deshalb allein zu neuen Aussagen erstellt, offensichtlich nach noch weiterer, monatelanger und massiver Beeinflussung des Kindes durch die Mutter und ihre Helfer, die ebenfalls im Gutachten ausführlich beschrieben ist. Das Resultat war allerdings trotzdem negativ, und das selbst nach weiteren, wiederholten "Nachbesserungsversuchen" seitens der Mutter. 



Neues. umfassendes  Handbuch  zu Parental Alienation (Dezember 2013)


Zur rechtlichen Beachtung des Parental Alienation (PA) Phänomens durch ein hohes übernationales Gericht vgl. dagegen die Entscheidung Koudelka gegen Tschechien vom 20.7.2006  (no. 1633/05) des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, mit Teilübersetzung durch uns, ebenso AFFAIRE ZAVŘEL c. RÉPUBLIQUE TCHÈQUE (Requête no 14044/05)  vom 18.4.2007 (nun ebenfalls mit Teilübersetzung),  sowie verschiedene Urteile nationaler Gerichte.   

Die Anfänge dieser Webseiten liegen vor Erscheinen der ersten deutschsprachigen Arbeiten zu PA (1998) und basierten deshalb zunächst in erster Linie auf amerikanischer Literatur, angefangen mit R. A. Gardner, der den  Begriff Parental Alienation Syndrome etwa 1984 prägte, um damit auf von ihm in seiner Arbeit als psychiatrischer Sachverständiger bei Sorge / Umgangsentscheidungen immer häufige beobachtete Verhaltensmuster hinzuweisen, nach denen ein Kind einen Elternteil offenbar unbegründet ablehnt, vgl. R. A. Gardner, Recent Trends in Divorce and Custody Litigation, 1985, und unsere Einführung zum Parental Alienation Syndrome aus 1997.  

   Früher als in Deutschland wurde PA in Tschechien bekannt, wie der Prager Psychologe Eduard Bakalar berichtet, "Das 'Parental Alienation Syndrome' (PAS) in der Tschechischen Republik", ZfJ 6/98, S. 268.  Das zuständige Ministerium hatte bereits 1994 eine Übersetzung des Buches von R. A. Gardner, ,,The Parental Alienation Syndrome", Erste Auflage 1992, und dann eine Schulung von Jugendamtsmitarbeitern veranlaßt. Heute gibt es eine weltweite vielfältige Beschäftigung mit diesem Thema, wie auch unsere  Bibliographie zu internationaler wissenschaftlicher Literatur deutlich macht, die wir ständig erweitern. Unsere Bibliographie strebt nicht an die komplette, bereits sehr umfangreiche weltweite Literatur einfach aufzulisten. Uns bekannte Literaturlisten enthalten derzeit schon bis zu über 600 Einträge, dazu kommen fast zahllose Kurzdarstellungen, "Blogs", Videos und Medienberichte etc. Wir greifen gezielt Arbeiten heraus von denen wir nicht nur wissen, dass sie unter Fachleuten Beachtung finden (häufig zitiert werden), sondern auch den Inhalt möglichst aus der vollständigen Arbeit, aber wenigstensa href hinreichend genau für eine Kurzbeschreibung kennen. Diese Bibliographie macht zugleich auch deutlich, dass das Parental Alienation Syndrome nicht etwa nur eine amerikanische "Erfindung" oder gar allein die des Psychiaters R. A. Gardner ist, wie selbsternannte "ExpertInnen" gerne behaupten und dabei auch vor persönlichen Angriffen (und das beschämenderweise sogar nach seinem Tod, 2003) auf Gardner nicht zürückscheuen. Bei all dem großen Verdienst von Prof. Richard Gardner muss leider auch gesagt werden, dass einige seiner Formulierungen, obwohl er das ganz sicher nicht wollte, heftige Kontroversen auslösten. Auf den Namen des Phänomens kommt es überhaupt nicht an, und schon gar nicht darauf, ob seine Bezeichnung als Syndrom berechtigt ist oder nicht. Manche Autoren lassen daher den Zusatz  "Syndrom" einfach weg, einige andere (Darnall, 1997) unterscheiden zwischen "Parental Alienation" als dem Akt der Entfremdung (durch einen Elternteil) und "Parental Alienation Syndrom" für das was das im Kind auslöst.

 Deutlich beschrieben wurde das Phänomen selbst allerdings schon lange vor Gardner, wenn auch ohne seine Kategorisierung des Grades der Entfremdung und der dafür angepassten Maßnahmen, über die man durchaus auch kritisch diskutieren kann. Worauf Christine Brinck 2002 in einem Zeitungsartikel, ,,Wie Baron Instetten die kleine Annie abrichtete"  hinwies, es findet sich sogar schon in der klassischen deutschen Literatur, im berühmten Roman Effi Briest von Theodor Fontane, aus Zeiten (1894-95) in denen die "elterliche Gewalt" ausschließlich beim Vater lag, eine Beschreibung in der wir heute eindeutig einen PAS Fall erkennen würden. Das Verhalten entfremdender Eltern wurde ebenfalls etwa 1945 vom Wiener Psychoanalytiker Wilhelm Reich in einer Neuauflage seiner berühmten "Charakteranalyse" (1933)  als "emotionale Pest" beschrieben. In Nazideutschland war das Buch verboten, erreichte aber 2006 seine 8. deutsche Neuauflage, entsprechend der U.S. Fassung ab 1945. Aber Gardner kommt zumindest das Verdienst zu eine weltweite, wissenschaftliche Beschäftigung mit dem unbestreitbaren Phänomen angestoßen zu haben, wie die zitierte Literatur überzeugend zeigt, die auch durchwegs seiner Bezeichnung als Parental Alienation (-Syndrom) folgt.

 Ein besonders wichtiges Auswahlkriterium bei dieser Literatur ist für uns ein sogenannter "peer review", d.h. eine Begutachtung durch Fachkollegen / Fachkolleginnen auf wissenschaftliche Originalität, Qualität und Veröffentlichungswürdigkeit einer Arbeit. Diese wichtige Maßnahme zur Qualitätssicherung ist in Deutschland bei psychologischen und juristischen Arbeiten, bzw. den entsprechenden Verlagen, leider noch weitgehend unbekannt, obwohl längst auch hier Standard in den "exakten" Naturwissenschaften.(Vgl. Begutachtete Aufsätze in Fachzeitschriften und das Parental Alienation Syndrome.) Die wohl wichtigste professionelle psychologische Datenbank, PsycInfo, der American Psychological Association (APA) unterscheidet bei jedem Eintrag zwischen "peer reviewed" oder nicht und berücksichtigt bei Zeitschriften praktisch nur Aufsätze der ersteren Kategorie. Das erklärt aber vermutlich nicht allein die bis auf ganz wenige Ausnahmen geringe Beachtung von Arbeiten aus Deutschland im internationalen Kontext. Solange hier bei diesem Thema weitgehend Polemik, Ideologie und sogar Kritik ad hominem (Vgl. Warshak, Eltern-Kind-Entfremdung und Sozialwissenschaften. Sachlichkeit statt Polemik, 2005) der Standard ist, statt Sachlichkeit und einer ernsthaften wissenschatlichen Forschung auf höchstem akademischen Niveau (wobei selbstverständlich auch sachliche Kritik wichtig ist) ist das durchaus auch verständlich. Die meisten der Kritikpunkte an PAS sollten informierten Autoren und Lesern ohnehin z. B. aus der in den USA schon längst geführten Diskussion bekannt sein, liefern also nichts Neues. Umdeutungen von PAS wie ,,Parental Alienation oder Parental Accusation Syndrome?" (elterliches Anschuldigungssyndrom, Fegert, Kind Prax 1/2001 S. 3-7; 2/2001, S. 39-42, sowie in Anita Heiliger und Eva - K. Hack/ZIF (Hg.) Vater um jeden Preis?, Zur Kritik am Sorge- und Umgangsrecht, Verlag Frauenoffensive, 2008), das von Vätern und Väterorganisationen gegen Mütter verwendet würde, sind nicht einmal originell.  Ähnlich auch Jörg Fichtner, Unter falscher Flagge. Die ganz neue Väterlichkeit durch Mutterdenunziation. In: Andrea Geier und Ursula Kocher (Hrsg.): Wider die Frau: Zu Geschichte und Funktion misogyner Rede. Böhlau, Köln 2008, ISBN 978-3-412-15304-5, S. 207–228.

Zur Behauptung einer missbräuchlichen Anschuldigung von Entfremdung durch einen in Wahrheit etwa gewalttätigen Elternteil (Vater), den das Kind dann zu Recht ablehnt, obwohl es das geben mag, wurde trotz breiter Unterstützung durch ideologisierte Interessengruppen und einiger Medien bisher kein einziger etwa durch Gerichtsakten klar dokumentierter Fall aufgezeigt in dem dies "erfolgreich" gewesen wäre. Allerdings gibt es ein sehr drastisches Gegenbeispiel, auf das wir besonders hinweisen möchten, weil es den Vorzug hat, dass die tatsächliche intensive Entfremdungskampagne des diesen Missbrauch behauptenden Elternteils (der zusätzlich das Kind entführte) durch umfangreiche Gerichtsakten und Gutachten hervorragend Punkt für Punkt dokumentiert ist:  Die Dokumentation hat ein in den USA zu diesen Themen sehr bekannter Journalist und Radiokommentator zusammengetragen: Glenn Sacks, The Controversial Holly Collins Custody Case--What Really Happened?(26.1. 2009). Sehr lesenswert!  Diese Argumente sind auch in Deutschland schon dadurch entkräftet, dass es immer mehr Mütter gibt, die Ziel einer Eltern-Kind-Entfremdung sind und darunter schon dadurch besonders leiden, weil in unserer Gesellschaft noch immer die Idee vorherrscht, dass Kinder "normalerweise" zur Mutter gehören, vgl. dazu die Studie von Edward Kruk (2010) Collateral damage: The lived experiences of divorced mothers without custody.
PA ist nicht eine Frage des Geschlechts, sondern die Entfremdung betrifft in erster Linie den Nichtwohnelternteil, meist bewusst oder auch unbewusst beeinflusst durch den das Kind betreuenden Wohnelternteil. Der davon betroffene, ausgegrenzte Elternteil sollte sich aber immer zunächst selbstkritisch die Frage stellen, was er möglicherweise selbst zur Entfremdung vom Kind beiträgt und sich auch um Verständnis für die schwierige Lage des Kindes in der Mitte eines heftigen Elternkonfliktes bemühen..

Auch dass von hiesigen Kritikern Argumente kommen würden, wie dass es sich bei PAS um ,,alten Wein in neuen Schläuchen handelt" (Stadler, M. & Salzgeber, J. ,Familie Partnerschaft Recht, Heft 4, 231-235, 1999.) war zu erwarten. Selbstverständlich sind die für PAS charakteristischen Verhaltensmuster auch schon vor Bekanntwerden des PA Begriffes in Deutschland aufgetreten und von einzelnen Sachverständigen und Richtern auch vollkommen richtig erkannt worden. Ursula Kodjoe & Peter Koeppel, Früherkennung von PAS - Möglichkeiten psychologischer und rechtlicher Interventionen- Kind-Prax 5/98, S. 138-144, sprechen sehr treffend von einzelnen ,,Leuchtturm-Urteilen" in der Vergangenheit (vgl. auch unsere Zusammenstellung solcher Gerichtsentscheidungen). Mangelhafte Übersetzungen, mit willkürlich abgewandelten Titeln, wie ,,Entfremdete Scheidungskinder ?" (ZKJ 6/2007, S. 218 -224) dienen der Sache ebenfalls nicht, selbst wenn die Originalarbeit von einer zwar gegenüber den Formulierungen von Gardner kritischen, aber ausgewiesenen Expertin (Janet Johnston) für Hochkonfliktscheidungen stammt. 

Warum gibt es in Deutschland beispielsweise kein einziges Fachbuch, dass sich wissenschaftlich und systematisch mit allen Aspekten des Phänomens auseindersetzt, wie etwa das exzellente Buch von Guglielmo Gulotta (Jurist, Psychologe, Ordinarius für Forensische Psychologie, Univ. Turin) et al., La Sindrome da Alienazione Parentale (PAS). Lavaggio del Cervello e Programmazione dei Figli in Danno dell'altro Genitore  [Das Parental Alienation Syndrome (PAS). Gehirnwäsche und Programmierung von Kindern zum Schaden des anderen Elternteils] (2008)? Abgesehen davon, dass ein solcher Titel hier ziemlich sicher an "politischer Korrektheit" scheitern würde, auch wenn das Buch selbstverständlich auch umfangreich auf subtilere Einflüsse eingeht, die zu einer Entfremdung führen können, einschließlich der Differentialdiagnose zu Nicht-PAS Fällen. Vgl. Inhalt des Buches. Spezial zur Differentialdiagnose von Parental Alienation ist 2010 ein weiteres Fachbuch in Italien erschienen: Adele Cavedon, Tiziana Magro, Dalla Separazione all'Alienazione Parentale. Come giungere a una valutazione peritale [Von der Trennung zur Eltern-Kind Entfremdung. Wie kommt man zu einem Fachgutachten]. Unsere Bibliographie enthält auch weitere allein dem Thema PA gewidmete Monographien auf hohem Niveau und aus verschiedenen Staaten.

Deshalb muss es umso mehr erstaunen, dass, wie wir erfahren haben, vor nicht allzu langer Zeit im Namen einer für Information über die aktuelle deutsche Familiengerichtspraxis bekannten Institution die Auskunft erteilt wurde: „... das theoretische Konzept von PAS findet in der Wissenschaft keine Beachtung ...“. Das ist angesichts der umfangreichen Fachliteratur nicht nur völlig unhaltbar, sondern auch unfair gegenüber den zwar noch wenigen, die sich auch in Deutschland ernsthaft, statt nur polemisch / ideologisch mit dem Thema auseinandersetzen, insbesondere entmutigend für die zunehmende Zahl von Studentinnen/Studenten die sich mit dem Thema in einer Diplomarbeit / Dissertation beschäftigen möchten. Vgl. deutsche PAS Literatur und unsere umfangreiche, internationale Literaturliste begutachteter Aufsätze zu PAS in anerkannten Fachzeitschriften): .

Mindestens ebenso erstaunlich ist es, wenn das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in seiner Publikationsliste auf eine Broschüre des VAMV hinweist: Alleinerziehend - Tipps und Informationen: Der "Bundesverband der alleinerziehenden Mütter und Väter e.V." hat Tipps und Informationen zu Schwangerschaft und Geburt, Trennung und Scheidung, Vereinbarkeit von Kind und Beruf, Sozialhilfe, Kosten einer juristischen Beratung und manches andere mehr zusammengestellt. Dazu gibt es sogar einen BMFSFJ Download Link (pdf Datei, 208 Seiten).
Darin findet man (18. Auflage, 2008, Seite 36) zum Stichwort PAS, obwohl mit Wissenschaftlichkeit argumentiert  wird, ohne Literaturstellen dazu, also wohl kraft eigener Erkenntnis der VAMV Autorinnen:

Verweigert ein Kind nachhaltig den Umgang mit dem anderen Elternteil,  wird betreuenden Elternteilen oft unterstellt, sie würden das Kind derart beeinflussen, dass es nicht zum anderen Elternteil will. Hierzu wird der Begriff „parental alientation syndrom“ kurz „PAS“, verwendet, was übersetzt soviel wie „elterliches Entfremdungssyndrom“ bedeutet. Es wird behauptet, dass der betreuende Elternteil seine ablehnende Haltung zum anderen Elternteil auf das Kind projiziert. Diese Argumentation entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage und wird rein strategisch eingesetzt. Wenn Sie mit diesem Vorwurf konfrontiert werden, sollten Sie sich unbedingt anwaltliche Hilfe suchen.

Wir hielten dagegen den Versuch einer einvernehmlichen Lösung, etwa mit Hilfe einer Beratungsstelle oder durch Mediation, weit eher im Sinne des Kindeswohls, statt einer weiteren Eskalation und Verlängerung des Konflikts, zu der leider auch immer wieder einzelne Anwälte beitragen, vgl.: Verhalten von Rechtsanwälten bei strittiger elterlicher Sorge

Wie wir gehört haben, kam auf eine Beschwerde gegen diese einseitige Unterstützung einer Lobby und unsachlicher Argumente als Antwort aus dem Referat 206, Familienbildung und -beratung, Erziehungskompetenz des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (i. A. L. H, 9. März, 2011, statt einer eigenen Stellungnahme nur wieder die des VAMV, in der u.a. gar behauptet wird:
Die Diskussion um die Existenz und wissenschaftliche Fundamentierung des PAS wird mittlerweile auch fast nur noch in Deutschland geführt, während sie zum Beispiel in den USA, wo das PAS durch den Psychoanalytiker Richard Gardner Mitte der 1980’er Jahr eingeführt wurde, längst abgeflaut ist und das PAS kaum noch Fürsprecher findet.

Vgl. VAMV, April-Juni 2011, S. 8: Chimäre PAS.

**3.7.2011: Dieser Link zum VAMV Eintrag (19.Auflage, 2010) in der Online Liste des BMFSFJ funktionierte jedenfalls noch am 28.6.2011 und ist auch heute noch z. B. mit "alleinerziehend BMFSFJ" in Suchmaschinen zu finden. Der Eintrag der VAMV Broschüre ist noch in der pdf Version der BMFSFJ Publikationsliste vom Januar 2011, Seite 3, ersichtlich und obiger Downloadlink des BMFSFJ zur 2008 Version der VAMV Broschüre funktioniert heute auch noch (und auch dieser Link).

 Damit nicht genug, aus öffentlichen Geldern, wurde u.a auch eine Tagung, Frankfurt, 18-19.1.2008, gefördert, die sich mit ähnlichen unsachlichen Argumenten nicht nur gegen PAS, sondern auch gegen jede der in Deutschland dringend erforderlichen, angestrebten oder sogar schon längst beschlossenen Reformen zum Kindschaftsrecht wandte (auch gegen den Regierungsbeschluss zum FamFG vom 9.5.2007, in Kraft getreten am 1.9.2009) .

Angesichts dieser Atmosphäre ist besonders anzuerkennen, dass es wenigstens vereinzelt immer wieder Sachverständige und Richter gibt, die den Sachverhalt klar erkennen und beschreiben, auch wenn dies leider meist viel zu spät geschieht. Ob dabei die Bezeichnung PAS verwendet wird oder nicht ist unwesentlich. Wesentlich ist aber, dass auch die auslösenden Faktoren für die "Kontaktverweigerung des Kindes" klar erkannt und benannt werden, ohne deren Berücksichtigung keine konstruktive Lösung des Problems möglich ist, sondern die "Kindschaftssache" dann nur durch Resignation des entfremdeten Elternteils, Wundermittel Umgangsausschluss oder Aussitzen bis zur Volljährigkeit "erledigt" werden kann. Vgl. dazu die zahlreichen Urteile, insbesondere die des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, zu den Folgen überlanger Verfahrensdauer, sowie unseren Bericht zum Umgangsausschluss, mit einer neuen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.  

    Auch die in den USA schon längst zum Überdruss geführte und dann in Deutschland aber dennoch wiederholte Diskussion, ob zu Recht von einem Syndrom gesprochen wird, erscheint uns höchst überflüssig. In der Medizin bezeichnet Syndrom eine Gruppe von Symptomen (Krankheitsmerkmalen), die für eine Krankheit typisch sind. Wir sind aber weit davon entfernt in PAS eine beispielsweise mit der Krankenkasse abrechenbare Krankheit zu sehen.  Dazu fehlt es bisher auch an einer offiziellen Definition des Parental Alienation Syndroms (PAS), etwa durch das  Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (derzeit DSM-IV) der American Psychiatric Association (1994), oder der International Classification of Diseases and Related Health Problems (derzeit ICD-10) der WHO. Derzeit gibt es ernsthafte Bestrebungen PAS als Beziehungsstörung und zur Differentialdiagnose in das für 2013 zu erwartende neue Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fifth Edition, DSM-5 der American Psychiatric Association und wohl auch in das entsprechende medizinische Kompendium, ICD, der Weltgesundheitsorganisation WHO aufzunehmen. Der Psychiater William Bernet (Vanderbilt University) hat dafür die umfangreiche Literatur zusammengefasst, die Gründe dargelegt, sowie eine Definition vorgeschlagen: Parental Alienation Disorder and DSM-V (2008). Unter seiner Führung bildete sich dann eine internationale Arbeitsgruppe, die derzeit etwa 80 Mitglieder umfasst. Entstanden sind daraus ein erweiterter Vorschlag zur Aufnahme von Eltern-Kindentfremdung in DSM-5 und ICD-11, mit einer sehr umfassenden Dokumentation, einschließlich einer Bibliographie mit über 600 Einträgen aus einem Dutzend Staaten und ein Buch das im Oktober 2010 erschien, siehe unten.
 
    Langfristige Auswirkungen von PAS auf das Kind können aber durchaus zu schon längst anerkannten psychiatrischen und psychosomatischen Erkrankungen führen, wie am Beispiel der (aus welchen Ursachen immer) Vaterentbehrung nachgewiesen wurde. (Franz, 1998; Petri,1998) und zunehmend mehr auch in empirischen Studien speziell zu Trennung / Scheidung, besonders bei Hochkonfliktfällen (vgl. dazu unseren Bericht Langzeitfolgen von Trennung/Scheidung und das PAS Literaturverzeichnis). Ebenso sind bei hartnäckig entfremdenden Elternteilen Persönlichkeitsstörungen zu vermuten (Gardner, 2te Auflage, Kap. 3, S. 43ff; Andritzky, 2003). Anders als viele der Kontroversen kann eine Diskussion darüber welchen Anteil der entfremdende Elternteil, das Kind, aber möglicherweise auch der entfremdete Elternteil jeweils am Phänomen haben durchaus sinnvoll sein, wenn damit die Psychodynamik des beteiligten Kindes, z. B. sein Umgang mit Loyalitätskonflikten (PAS als Bewältigungsstategie), beleuchtet wird und Lösungen zum besseren Umgang mit dem Phänomen aufgezeigt werden.

     Der PAS Begriff selbst soll unserer Meinung nach eigentlich nur dazu führen, scheidungsbegleitende Fachleute (Psychologen, Richter..) auf das Vorhandensein eines Komplexes von bekannten Verhaltensmustern hinzuweisen, auch wenn diese Fachleute im Detail dazu, besonders beim Umgang mit diesen Problemen, unterschiedlicher Meinung sein mögen und jeder Fall individuel zu behandeln ist. Dann ist zu hoffen, dass diese Probleme damit in Kindesanhörungen und nachfolgenden Gerichtsentscheidungen besser berücksichtigt werden, sowie zu begleitender, empirisch-psychologischer Forschung anregen. Eine exakte Definition des PAS Begriffes ist bei der Vielfalt der individuellen Verhaltensmuster schwierig, aber unseres Erachtens auch nicht unbedingt nötig. Allerdings verliert der PAS Begriff seine einprägsame Wirkung, wenn darunter zu viele Dinge subsumiert werden. Es ist nicht sinnvoll den Begriff auf jede Verschlechterung einer Eltern-Kind-Beziehung, die mannigfache Ursachen haben kann, auszudehnen. Zudem gibt es ja auch ein Kontinuum dieser Verhaltensmuster und unterscheiden sich deshalb auch die individuellen PAS Fälle in Details. Allerdings, wenn die Einführung eines eigenen Begriffes für einen Komplex von Symptomen, wie PAS, sinnvoll sein soll, sollte man schon erwarten können, dass damit vertraute Fachleute weitgehend in ihrer Beurteilung von Fällen übereinstimmen. Das kann man in einer Inter-Rater Reliability Study überprüfen, bei der verschiedene Experten von einander unabhängig einen gegebenen Fall beurteilen. Für PAS wurde eine solche Studie von Rueda (2004) an Hand von fünf Fällen nach den Kriterien von Gardner durchgeführt, an der sich 18 Experten beteiligten, ähnlich von Stephen Lee Morrison (Dissertation, 2007). Sicher sollte es noch mehr solcher Studien geben. Eine allgemein akzeptierte operative Definition von PAS, einschließlich einer Differentialdiagnose, etwa im Rahmen von DSM und ICD, würde das wesentlich erleichtern.

   Kurz zusammengefasst sind die wirklich wesentlichen Elemente, die PAS von anderen Problemem beim Umgang zwischen Kind und einem Elternteil unterscheiden nach einer neueren Definition von Warshak (2005) die folgenden:

1. Ablehnung oder Verunglimpfung eines Elternteils die das Ausmaß einer Kampagne erreicht, d.h. von Dauer ist, statt auf gelegentliche Episoden beschränkt zu sein

2. Die Ablehnung ist unbegründet, d.h. ist nicht eine angepasste Reaktion des Kindes auf das Verhalten des ausgegrenzten Elternteils

3. Die Ablehnung ist teilweise auf den Einfluss des anderen Elternteils zurückzuführen.

Alle drei Elemente müssen gleichzeitig vorhanden sein damit von PAS gesprochen werden kann
.

  Zu PAS gehören demnach beispielsweise nicht Schwierigkeiten, wie Angstgefühle eines Kleinkindes bei der Übergabe an den anderen Elternteil, wenn dieses Kleinkind noch nicht einmal das Dreickverhältnis der  Mitglieder, Kind, Mutter und Vater, eines Familiensystems adequat erfassen kann, oder nicht hinreichend auf die Übergabe vorbereitet wurde. Dazu gehört selbstverständlich auch nicht, wenn die Angst eines Kindes durch das Verhalten des anderen Elternteils tatsächlich begründet ist.

  Zu unterscheiden ist PAS aber auch von bloßer Umgangsvereitelung, ohne Beteiligung des "Kindeswillens", oder dem etwa 1998 eingeführten und besonders in Nordamerika gebrauchten etwas breiter gefassten Begriff "Hostile Agressive Parenting  (HAP)" der allein das Verhalten eines Elternteils (aber nicht auch den psychischen Zustand des Kindes) kennzeichnen soll, welches allerdings oft zu PAS führt, entsprechend Punkt 3 der obigen Definition. Vgl. z. B. : Understanding and effectively dealing with  Hostile-Aggressive  Parenting (HAP)  (pdf Datei, 87 Seiten) mit folgender Definition:. 

Hostile-Aggressive Parenting (HAP) is defined as: A general pattern of behaviour, manipulation, actions or decision-making of a person (usually a parent or guardian) that either directly or indirectly; 1) creates undue difficulties or interference in the relationship between a child with another person (usually a parent or guardian) involved with the parenting and/or rearing of the child and/or, 2) promotes or maintains an unwarranted unfairness or inequality in the parenting arrangements between a child’s parents and/or guardians and/or, 3) promotes ongoing and unnecessary conflict between parents and/or guardians which adversely affects the parenting, well-being and rearing of a child.

Ein Begleitdokument (pdf Datei, 81 Seiten) enthält Fragebögen zur Beurteilung des Risikos für das Kind durch HAP und PAS und Vorschläge für eine Intervention. Verhaltensmuster des Elternteils bei HAP (und auch PAS) und die Folgen für das Kind sind zusammengefasst in Hostile-Aggressive Parenting - it will adversely affect your children, siehe auch z. B. Signs And Symptoms Of Hostile Agressive Parenting (HAP). Ähnlich auch schon Klenner (1995), "Rituale der Umgangsvereitelung".
Wiederum auf das Verhalten eines Elternteils (und nicht auf das Kind) bezogen ist der Begriff Medea Syndrom den Judith Wallerstein in Anlehnung an das Drama von Euripides (400 B. C.) schon 1989 einführte (in Wallerstein & Blakeslee, Second Chances. Men, Women and Children a Decade After Divorce, S. 196), um Elternteile zu beschreiben, die ihr Kind für Rache am früheren Partner benützen. Darunter sind selbstverständlich nicht nur Mütter, sondern (zunehmend) auch Väter, wenn sie dazu die Macht (als Wohnelternteil) besitzen.

Wallerstein schrieb dazu

,,Sie üben Rache aus, indem sie die Beziehung zwischen dem anderen Elternteil und dem Kind zerstören. Dadurch verletzen und manchmal zerstören sie auch die Psyche des Kindes….. Ich habe viele Hinweise darauf gesehen, dass Medea-artiger Zorn Kinder jeden Alters schwer verletzt.” 
Man beachte den Hinweis auf Zerstörung, statt temporäre Unterbrechung der Eltern-Kind-Beziehung. Diesen Punkt unterstreichend, fügte Wallerstein hinzu: 
,,Wenn ein Elternteil oder beide die Medea Rolle spielen, sind Kinder für Jahre davon betroffen. Einige wachsen mit einem verzerrten Gewissen auf, indem sie aus dem Verhalten ihrer Eltern gelernt haben, wie man Leute manipuliert. Einige wachsen mit einer enormen Wut auf, nachdem sie verstanden haben, dass sie als Waffen benützt worden waren. Einige wachsen mit Schuldgefühlen, niedrigen Selbstwertgefühl und wiederkehrenden Depressionen auf….”

Vgl. dazu die Diskussion in Warshak, 2005 und speziell zur Mutter-Tochter Beziehung: Robert M. Gordon, The  Medea Complex and the Parental Alienation Syndrome: When Mothers Damage their Daughter's Ability to Love a Man (1998). Die dadurch im Kind ausgelöste Entfremdung vom anderen (abwesenden) Elternteil und Hinwendung zum betreuenden Elternteil bezeichneten Wallerstein & Kelly in ihrer Langzeitstude (1971-77) "Surviving the Breakup" (1980) als "alignment". Die Hinwendung zu einem auch noch hilfsbedürftig, leidend erscheinenden,  betreuenden Elternteil kann den  Grad einer Parentifizierung des Kindes erreichen.

    PAS darf auch nicht mit unbegründeten sexuellen Missbrauchsanschuldigungen gleich gesetzt werden, obwohl solche häufig, gleichsam als "ultimative Waffe" eingesetzt, bei hochstrittigen Umgangs- oder Sorgerechtsauseinandersetzungen erfolgen und erheblich  zur Entfremdung vom anderem (beschuldigten) Elternteil beitragen können, schon der dadurch meist erheblich erhöhten Verfahrensdauer, wenn nicht auch der direkten, belastenden Involvierung des Kindes wegen. Ablehnendes Verhalten eines Kindes, wenn tatsächlich sexueller Missbrauch oder sonstige Kindesmisshandlungen vorliegen, ist selbstverständlich ebenfalls nicht PAS, nach Punkt 2 der obigen Definition. Die Gleichsetzung von PAS mit dem kontroversen Thema sexueller Missbrauchsanschuldigungen bei Trennung /Scheidung wird häufig sehr bewußt vorgenommen, in der Absicht damit den PAS Begriff zu diskreditieren, vgl. z. B. Carol Bruch, ,,Parental Alienation Syndrome und Parental Alienation: Wie man sich in Sorgerechtsfällen irren kann", FamRZ 2002, Heft 19, S. 1304-1315.

    Der PAS Begriff darf aber auch nicht dazu missbraucht werden, um voreilige, leichtfertige und einseitige Schuldzuweisungen gegen den anderen Elternteil zu machen. Dass muß gerade an dieser Stelle besonders betont werden, weil sich Väter weit häufiger als Mütter als "Opfer" von PAS sehen. Rein statistisch gesehen ist dies durch den immer noch weit überwiegenden Anteil der Mütter als Wohneltelternteil und der damit verbundenen größeren "Macht" (Einflußmöglichkeit) auf das Kind zu erwarten, ein Faktum das erstaunlicherweise bisher kaum beachtet wurde. Angesichts der Zahlenverhältnisse erscheinen uns jedenfalls die öfter diskutierten geschlechtsspezifischen Unterschiede bei entfremdenden Elternteilen, sofern sie existieren sollten, wirklich sekundär. Um dies zu belegen, bringen wir bevorzugt auch Beispiele, in denen der Vater die "Macht" hat, das Kind der Mutter zu entfremden. Der ,,entfremdete" Elterteil sollte sich aber unbedingt auch ständig und sehr selbstkritisch Fragen danach stellen, welchen Anteil er möglicherweise an der Verschlechterung der Beziehung zum Kind hat und was er / sie selbst unternehmen kann, um diese Beziehung zu verbessern. Es ist, wie Jopt einmal betonte, häufig der Fall, dass beide Elternteile völlig getrennte "Realitätswelten" aufbauen und sich jeweils als das "Opfer" sehen. Die Kinder sollten auf keinen Fall mit diesem "Opfer" Status belastet werden. Sofern dies durch den betreuenden Elternteil, und damit wahrscheinlich weit nachhaltiger, geschieht, ist das ein ganz wesentlicher Faktor für die Auslösung von PAS. Wenn das Kind sich aus Empathie, unter dem Eindruck der Hilfsbedürftigkeit dieses Elternteils seiner Haltung anschliesst, bedarf es keiner zusätzlichen, bewussten auf böser Absicht beruhenden Programmierung gegen den anderen Elternteil. Der betreuende Elternteil sieht sich dann in seiner Haltung umso mehr bestätigt und ein schwer aufbrechbarer Teufelskreis beginnt. Aber auch der ausgegrenzte Elternteil sollte unbedingt seinen "Schmerz" gegenüber dem Kind zurückhalten, weil er damit nur den Loyalitätskonflikt im Kind weiter verstärkt und so zur weiteren Entfremdung beiträgt. Erheblich zur Entfremdung beitragen kann nicht nur das Verhalten der Eltern gegenüber dem Kind, sondern auch der fortgesetzte Konflikt zwischen den Eltern selbst (auch finanzielle Auseinandersetzungen), der dem Kind selten entgehen wird (selbst wenn es nicht bewußt hineingezogen wird) und den es irgendwie bewältigen muss, am ehesten wohl durch Solidarisierung mit dem Wohnelternteil. Den Konflikt mit diesem Elternteil zu mindern suchen verspricht daher möglicherweise auch eine Verbesserung der Beziehung zwischen Kind und "abgelehnten" Elternteil. Ellis (2005) hat weitere hilfreiche Strategien für den entfremdeten Elternteil zusammengestellt. Entscheidende Bedeutung hat, zu versuchen irgendwie im Leben des Kindes präsent zu bleiben, ohne es allerdings noch zusätzlich unter Druck zu setzen. 

Lange Abwesenheit ist, neben der Psychodynamik des Kindes in einer Konfliktsituation, bei besonderer Abhängigkeit von einem (dem sorgeberechtigten oder Wohn-) Elternteil, auch ein wesentlicher Faktor bei PAS. Vgl. z. B. die Arbeit des Psychologen Glenn F. Cartwright (Mc Gill University, Montreal), Expanding the parameters of parental alienation syndrome,1993 (siehe unsere deutsche Teilübersetzung), die besonders auf den Zeitfaktor und seine gravierenden psychischen Folgen für das Kind hinweist:

3. Zeit heilt alle Wunden, außer Entfremdung: ,,Die Manipulation der Zeit wird zur Hauptwaffe in den Händen des Entfremders, der sie benützt um die Zeit des Kindes zu strukturieren, zu besetzen und zu rauben, um "kontaminierenden" Kontakt mit dem verlorenen Elternteil zu verhindern, und so beide ihres Rechts Zeit gemeinsam zu verbringen zu berauben [die dem Kind ermöglichen würde sich ein reales Bild vom anderen Elternteil zu machen] und das Ziel einer totalen Entfremdung zu fördern. Ungleich Fällen einer Kindesmißhandlung, wo Zeit weg vom Mißhandler manchmal hilft, die beschädigte Beziehung zu reparieren, fördert bei PAS Zeit weg vom verlorenen Elternteil das Ziel der Entfremdung." .. ,,Ein Richter der vielleicht nicht auf eine(n) Neunjährige(n) hört der/die plädiert seinen oder ihren Vater nicht sehen zu wollen, mag eher geneigt sein auf eine(n) ältere(n), "klügere(n)", und mehr artikulierte(n) Dreizehnjährige(n) zu hören. Die zeitliche Ausdehnung der Gerichtsverfahren hilft nicht nur bei der Gehirnwäsche und der Zermürbung des Antragsstellers, sondern sichert dem Entfremder einen stärkeren kindlichen Verbündeten, wenn der endgültige Gerichtstermin festgelegt wird. So ist es, daß Zeit oft "gekauft" wird, durch Falschanschuldigungen, durch Behauptungen das Kind sei bei Kontakten mit dem verlorenen Elternteil in Gefahr, und durch Ersuchen an das Gericht um Aufschub, Fortsetzungen und Verschiebungen. Manchmal werden sogar psychologische Gutachten oder psychiatrische Untersuchungen in den Dienst gestellt, als Teil der Verzögerungstaktik, dann fallengelassen, wenn die gewünschte Verzögerung erreicht wurde."

4. Der Grad der Entfremdung des Kindes ist direkt proportional zur auf die Entfremdung angewandten Zeit.

5. Gerichte die langsam sind Entscheidungen zu fällen, können unbeabsichtigt die arglistigen Pläne des entfremdenden Elternteils zur Entfremdung unterstützen: Der richterliche Wunsch den status quo im Leben der Kinder zu erhalten [im Sinne des Kontinuitätsprinzips], solange die Entscheidung der hoch strittigen Sorgerechtsauseinandersetzung offen ist, kann zum Vorteil des entfremdenden Elternteils wirken. Je länger die Kinder in einer nicht-unterstützenden Umgebung sind, umso weiter driften sie vom nichtsorgeberechtigten Elternteil weg [Goldwater, 1991]

Ganz anders freilich z . B. die,,Überzeugung" der oben erwähnten Familienrichterin aus München:

Zur ,,Überzeugung des Gerichts" gehörte nicht nur, dass Kinder, die bei der Anhörung einen aufgeweckten Eindruck machen, nicht im Sinne des Parental Alienation Syndroms- PAS beeinflußbar sind, sondern auch ,,daß es sich nicht um manipulierte Kinderwünsche handelte, sondern um ureigene Wünsche der angehörten Kinder, wenn sie sich zunächst einen flexibleren und geringeren Kontakt und nunmehr gar keinen Kontakt mehr mit dem Vater wünschen. Hierbei handelt es sich zur Überzeugung des Gerichts nicht um eine reaktive Elternablehnung im Sinne des ,,Parental Alienation Syndrome", sondern vielmehr um die Erfahrung der Kinder während des Zusammenlebens mit dem Vater und daß sie von dieser Erfahrung in ihren Gefühlen gegenüber dem Vater so negativ geprägt sind, daß sie sich zumindest derzeit keinen Kontakt wünschen." 

Dies obwohl in den 3 Jahren nach der Trennung praktisch jeder Kontakt verhindert wurde und ,,dem Gericht" aus der Anhörung u.a. auch die Aussage der Mutter bekannt war, dass ,,sich ihr Innerstes gegen einen Umgang sträubt". Das war zwar taktisch unklug, im Vergleich zum allerdings gut bekanntem ,,Kind will leider nicht", aber die Kinder hatten zuvor in ihrer Anhörung bereits einem regelmäßigen, unbegleitetetem Umgang im Hause des Vaters zugestimmt und dafür sogar schon konkrete Vorschläge gemacht, wie gemeinsames Kochen etc. Es macht aber verständlich, soweit man derartiges überhaupt rein menschlich gesehen begreifen kann, dass die Mutter sämtliche "Waffen" eingesetzt hat, einschließlich der ,,ultimativen Waffe", eines nach über einem Jahr auch für das Gericht als eindeutig ausgeräumt geltenden sexuellen Missbrauchsvorwurfs. Obwohl der Vater diesen Vorwurf auch nach dessen Entkräftung wiederholt zur Sprache brachte, angesichts der katastrophalen Auswirkung auf die Kinder, ist davon aber nichts in den Protokollen des AG festgehalten und der gesamte Vorgang im Scheidungsurteil überhaupt mit keinem einzigen Wort erwähnt. Das passte wohl nicht zum dort gemalten Idealbild der Mutter. Dem Vater wurde dagegen ,,im Namen des Volkes" eine ,,vorwurfsvolle Haltung" bescheinigt. Ein von ihm veranlasstes zusätzliches psychologisches Fachgutachten, das immerhin von einer offizielen Beratungsstelle des Landkreises stammte, war vom Gericht auch nicht einmal mündlich erwähnt worden. Erst im Beschwerdeverfahren wurde im Beschluss festgehalten, dass es entscheidend zur einhelligen Überzeugung des OLG Senats beitrug, dass die Vorwürfe ,,zu Unrecht" erhoben worden waren. Mit dazu bei trug bemerkenswerterweise auch die Wiederholung einer Version der Vorwürfe durch die Mutter in der mündlichen Verhandlung, wie ebenfalls im Beschluss zu lesen ist  Allerdings hatte sich dann das Verfahren weitgehend durch Zeitablauf schon "erledigt", entsprechend dem nun erreichten Alter der Kinder . 

Dass die Gerichte und Behörden nicht alle nötigen Maßnahmen ergriffen haben und dies zügig, um eine weitere Entfremdung des Kindes vom Vater zu verhindern, spielte die entscheidende Rolle bei der Verurteilung Tschechiens durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Falle Koudelka, wie in sehr deutlichen Worten nachzulesen ist, u.a. in Absatz 68:

.68. Unter diesen Bedingungen kann man dem Beschwerdeführer nicht die Verantwortung für die Unfähigkeit der Behörden anlasten, zügige und adequate Maßnahmen bezüglich der Installierung effektiver Kontakte zwischen ihm und seiner Tochter (siehe, mutatis mutandis, Bove c. Italie, no  30595/02, § 50, 30 Juni 2005) zu ergreifen, noch unterstellen, dass die Behörden angemessene Anstrengungen unternommen haben um eine Lösung für diese verzweifelte Situation zu finden. Nach Auffassung des Gerichtshofes haben die nationalen Gerichte in diesem Fall  erlaubt, dass sich der Streit einfach durch Zeitablauf  erledigt, derart, dass eine Wiederherstellung der Bindung zwischen dem Betroffenen und seiner Tochter nicht mehr möglich erscheint.

Aus dem bisher gesagten geht auch schon deutlich hervor, dass bei PAS der augenscheinliche, die Ablehnung eines Elternteils beinhaltende ,,Kindeswille" und dessen mögliche bewusste oder unbewusste Beeinflussung durch den anderen Elternteil - oder auch durch die besondere Stresssituation einer richterlichen Anhörung - eine tragende Rolle spielt. Wie z. B. R. A. Gardner in ,,Judges Interviewing Children in Custody/Visitation Litigation", NEW JERSEY FAMILY LAWYER, Volume VII, Number 2, August/September 1987, S. 26ff, betont, ist es eher unwahrscheinlich, dass die auf eine Entscheidung von Sorge / Umgang gerichteten richterlichen Fragen verläßlich beantwortet werden, wenn, wie meist, nur das Kind allein und es nicht auch mit allen Beteiligten (Eltern etc.) in verschiedenen Kombinationen angehört wird. Ein nicht selten gravierender Fehler kann es aber sein, sich auf eine gemeinsame Anhörung mehrerer Kinder zu beschränken, weil dann häufig ein Kind als "Sprecherkind" auftritt, dem sich die anderen anschließen (auch eine solche gemeinsame Anhörung durch die erwähnte Richterin ist aus einem Beschluss bekannt). Es ist ferner zu bedenken, dass auch versteckt gerichtete Fragen nach der Eignung eines Elternteils (nach dem "besseren" Elternteil) für Sorge/Umgang die Kinder in erhebliche Loyalitätskonflikte zu stürzen vermögen. Meist werden sie sich dann für den Wohnelternteil entscheiden, den sie nicht auch noch verlieren möchten und von dem sie in weit stärkerem Maße abhängig sind. Diese Konflikte allein können ausreichend sein, den anderen Elternteil abzulehnen, ohne zusätzliche, gegen diesen Elternteil gerichtete, bewußte Programmierung. Es kann genügen, wenn der Umgang mit diesem Elternteil nicht gefördert wird, oder gar durch Gestik und sonstige Reaktionen erkennbar ist, dass er nicht erwünscht ist. Einer bewußten, auf auschließlichen "Besitz" des Kindes gerichteten Programmierung (Brainwashing) bedarf es dann nicht. Vielfach geschieht die Beeinflussung auch dadurch, dass das Kind nach einer Trennung als Partnerersatz missbraucht wird, es mit den Partnerschaftsproblemen überfordert wird. (Letzteres kann, vorausgesetzt, dass ein Kontakt überhaupt stattfindet, natürlich auch durch den Nichtwohnelternteil geschehen.)

Das Erkennen einer Programmierung (Brainwashing) und Deprogrammierung des Kindes erfordert, dass seine Aussagen auf nichtsuggestive Weise hinterfragt werden, vgl. Kap. 4 ,,Detection Factors: Uncovering the Programmer's Themes and Processes", S. 69ff, S. 165ff, Table 14, in Clawar &Rivlin, "Children held Hostage. Dealing with programmed and brainwashed children" (1991). Das erfordert nicht nur viel Erfahrung, sondern auch meist weit mehr Zeit als für eine richterliche Anhörung eingeräumt wird. Deshalb kommt bei "PAS Verdacht" einer ausführlichen Begutachtung durch psychologische Sachverständige, die unbedingt auch die Wechselwirkung des Kindes mit sämtlichen, wichtigen Bezugspersonen einschließen solll, besondere Bedeutung zu. Die Mitwirkung aller Beteiligten geschieht meist nicht freiwillig, sondern erfordert praktisch immer eine richterliche Anordnung. Leider ist das in der deutschen Rechtspraxis, ganz anders als z. B. in den U.S.A, so nicht üblich. Selbst wenn sich eine richterliche Anordnung nur auf eine ,,Begutachtung" (Diagnose) beschränkt, ist der Vorgang aber immer auch eine Intervention, die, wenn geeignet durchgeführt, durchaus auch zu einer Deprogrammierung und damit Verbesserung der Kind-Eltern-Beziehung beitragen kann. Darüber waren sich beispielsweise die Teilnehmer an der Tagung ,,Psychologie im Familienrecht" (Bad Boll, Dezember 1998), nach einer zum Teil heftig geführten Debatte weitgehend einig. Erst im derzeitigen (2006) Entwurf zur Reform der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist endlich ausdrücklich von lösungsorientierter Begutachtung, statt reiner Statusdiagnostik, die Rede, allerdings nur als Kann-Variante, statt Soll-Bestimmung.  

Vielfach wäre bei PAS aber eine systemische Familientherapie vonnöten, wie sie beispielsweise in den USA schon längst aus Gründen des Kindeswohls vom Gericht angeordnet und überwacht wird, nicht aber in Deutschland. Allerdings erweist sich konventionelle Psychotherapie nur bei milden PAS Fällen als hilfreich. Bei gravierenderen Fällen kann allenfalls eine De-Programmierung des Kindes gelingen. Ob sie von dauerhaften Erfolg ist, hängt aber wesentlich vom verbleibenden Einfluss des entfremdenden (programmierenden) Elternteils ab. Dieser Elternteil ist in gravierenden Fällen nach umfangreichen klinischen Erfahrungen, etwa von Gardner, 2002, kaum zu Therapie bereit (ev. nur als Verzögerungstaktik) und damit auch nicht therapiefähig. Solche Eltern suchen Therapeuten vielfach nur auf der Suche nach neuen "Verbündeten" auf, die ihre Behauptungen bestätigen und das Kind in ihrem Sinne beeinflussen sollen (vgl. Camps, Psychiatrische und psychosomatische Konsequenzen für PAS-Kinder, in v. Boch-Galhau et al. 2003, S.143-155). Bloße richterliche Appelle an Einsicht und Vernunft, wie sie bei uns bestenfalls erfolgen, erweisen sich bei solchen Eltern fast definitionsgemäß ebenfalls als wirkungslos. Der Einsicht muss zumindest durch die Androhung von Sanktionen  (ggfs. auch Sorgerechtsentzug) deutlich genug "nachgeholfen" werden, die aber ggfs. dann auch tatsächlich erfolgen sollten. Die gelegentlich angedrohten Zwangsmaßnahmen, z. B. Zwangsgeld, nach §33 FGG, sind jedoch praktisch immer wirkungslos, weil sie nicht nachträglich erfolgen können, etwa nach Boykott des Umgangs in den Ferien (außer dieser wäre vorzeitig angekündigt worden). Die Einführung von Ordnungsmaßnahmen im FGG-Reformgesetz (ab 2009) sollte da Verbesserungen bringen. Bei der derzeitigen deutschen Rechtspraxis können de facto Gerichtsbeschlüsse zum Umgang nicht selten über viele Jahre praktisch risikolos ignoriert werden, bis ein "point of no return" der Eltern-Kind-Entfremdung erreicht ist, und sich schließlich die "Kindschaftssache" durch Resignation des ausgegrenzten Elternteils, oder Zeitablauf (Erreichen der Volljährigkeit), ev. unter Zuhilfenahme des "Wundermittels" Umgangsausschluss, von selbst erledigt.  

Nachuntersuchungen von Entfremdungsfällen bestätigen sehr eindringlich, dass dieses ,,laissez faire" (Gewähren lassen) die Entfremdung derart verfestigt, dass sie vielfach auch im Erwachsenenalter noch unvermindert anhält. Dieser Prozess kann in gravierenden Fällen nur aufgehalten werden, wenn die Macht des Gerichtes früh genug dazu eingesetzt wird um die Struktur zu ändern, d.h. entweder die elterliche Sorge dem bindungstoleranten Zielelternteil der Entfremdung zu übertragen, wie es Gardner in schweren PAS Fällen empfohlen hatte und  in seiner Nachuntersuchung von 99 Fällen bestätigt sieht, oder zumindest der Umgang mit dem Zielelternteil vom Gericht, notfalls auch mittels Sanktionen gegen den entfremdenden Elternteil, energisch durchgesetzt wird, vgl. dazu Rand, Rand, Kopetski, 2005 (The Kopetski Follow Up Study von 45 PAS Fällen). Die Ideen von Gardner zum Umgang mit hochgradig entfremdeten Kindern wurden in den letzten Jahren weiter entwickelt, so dass es derzeit mehrere neue, bereits erfolgreiche Programme zur Wiederherstellung der Beziehung zwischen entfremdeten Kind und Elternteil gibt. Sie funktionieren allerdings im allgemeinen nur auf gerichtliche Anordnung, die den  entfremdeten Elternteil  temporär ausschaltet, oder diesen zwingt sich am  Program zu beteiligen.  Vgl. dazu insbeondere die Berichte in Family Court Review, Jahrgang 48, Heft 1 (Januar 2010), das als SPECIAL ISSUE ON ALIENATED CHILDREN IN DIVORCE AND SEPARATION: EMERGING APPROACHES FOR FAMILIES AND COURTS auf etwa 200 Seiten sich dem Thema widmet. Die Association of Family and Conciliation Courts (AFCC) ist eine interdiszipläre und internationale Vereinigung von derzeit etwa 4000 Fachleuten (Richter, Anwälte, Psychologen etc) die sich der Verbesserung des Lebens von Kindern und Familien durch Beilegung von Familienkonflikten widmet. Ihre 47 ste Jahreskonferenz (Denver, Colorado, 2-5. Juni, 2010) ist ganz.dem Thema Eltern-Kind Entfremdung in Hochkonfliktfällen gewidmet. Das sehr umfangreiche Programm umfasst in 80 Sitzungen und 6 zusätzlichen Workshops alle Aspekte dieses Themas, von teilweise immer noch kontroversen Formulierungen des von Richard Gardner etwa 1985 eingeführten Konzeptes Parental Alienation Syndrome zu praktischen Lösungsansätzen bei der Konfliktbeilegung, insbesondere auch neuer Programme zur Wiederzusammenführung stark entfremdeter Kinder und Elternteile wo konventionelle Psychotherapie nicht funktioniert und sogar Schaden anrichten kann.
Von diesen Entwicklungen sind wir in Deutschland leider aber noch sehr weit entfernt, wo die wenigen gerichtlichen Aufforderungen zu einer Therapie bisher regelmäßig am Berufungsgericht gescheitert sind.
   
   Zu den Langzeitfolgen von Trennung / Scheidung auf die betroffenen Kinder haben wir eigene Webseiten angelegt. Erwartungsgemäß sind die Folgen bei andauerden hohem Konflikt, wie in vielen PAS Fällen, gravierender als  bei einer sogenannten "guten" Trennung / Scheidung mit  Erhalt des Kontaktes zu beiden Eltern, obwohl auch dann die Auswirkungen auf die Psyche des Kindes keineswegs ein nur vorübergehendes Problem sind. Speziell zur Hochkonfliktsituation wären aber noch mehr Untersuchungen erwünscht.

Eine sehr gute Übersicht zum gegenwärtigen internationalen Status des Parental Alienation Syndroms kann man dem umfangreichen Handbuch von Richard A. Gardner, S. Richard Sauber, Demosthenes Lorandos (Hrsg.):  "The International Handbook of Parental Alienation Syndrome: Conceptual, Clinical  and Legal Considerations" entnehmen. Es  ist bei Charles C. Thomas Publisher Ltd. in Springfield, Illinois, U.SA. erschienen, Juli 2006. 476 Seiten Großformat, U.S. $ 84.95. Es umfasst 34 Aufsätze weltweit führender Experten/Expertinnen, darunter auch Autoren aus Deutschland (vgl. Inhaltsverzeichnis, Beschreibung des Verlages).  

Aktuell ist auch immer noch das Begleitbuch zur Internationalen Konferenz "Das Parental Alienation Syndrome (PAS)", Frankfurt (Main), 18-19. Oktober 2002, 392 Seiten, herausgegeben von Wilfrid von Boch-Galhau, Ursula Kodjoe, Walter Andritzky & Peter Koeppel  VWB Verlag, 2003, mit Beiträgen in Deutsch und Englisch. Live-Mitschnitte der Vorträge (einschließlich Diskussion) sind jetzt  zum Anhören oder zum Download (als MP3 Dateien) frei verfügbar.

Eine umfassende, ausgewogene Darstellung, aus juristisch-praktischer Sicht, zur Bedeutung und Umsetzung des Umgangsrechts, der Notwendigkeit dessen Behinderung und daraus resultierender Eltern-Kindentfremdung (PAS) möglichst frühzeitig zu begegnen, ist der Beitrag von Thomas Rauscher in J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Buch 4 Familienrecht §§1684-1717 (Elterliche Sorge 3 -Umgangsrecht) Neubearbeitung 2006 von Michael Coester, Thomas Rauscher, Ludwig Salgo. Redaktion Lore Peschel-Gutzeit. Sellier -de Gruyter, Berlin. Zahlreiche Gerichtsentscheidungen und Literaturstellen werden nicht nur aufgeführt, sondern sind, wie es sein soll, im Kontext kommentiert.

In dem praktisch von allen Richtern und Anwälten verwendeten Standardkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Auflage, 2006, S.1970, §1684 (Umgangsrecht) RndNr. 7 wird als Hintergrundinformation zum Parental Alienation Syndrom (PAS) auf Warshak (2005) verwiesen. Auch im "Palandt" 2007, 66. Auflage, wird wieder auf diese Arbeit hingewiesen, auf Seite 1975, ebenso 2008, S.1952; 2008 und 2009, S. 2004 auf Johnston (2007), seit 2009 und ab 2010 aber nur mehr auf ein das Konzept ablehnendes Urteil des Kammergerichts Berlin 13 UF 199/04 vom 1.7.2005, mit Bezug auf Bruch FamRZ 2002, 1304, etc. Allerdings ist seither auch kein Aufsatz zum Thema mehr auf Deutsch erschienen und ein umfassendes Fachbuch dazu gibt es in Deutschland immer noch nicht, nicht einmal in Übersetzung. Nicht einmal für das weit verbreitete Buch des anerkannten Experten Richard Warshak "Divorce Poison" [Scheidungsgift],  2002 (2te erw. Auflage  2010), dass sich primär an betroffene Eltern richtet und sicher einen großen Leserkreis hätte, konnte bisher ein deutscher Verlag gefunden werden, während in den ungleich kleineren tschechichen und kroatischen Sprachräumen schon längst Übersetzungen vorliegen.

Neuere Entwicklungen

Einen exzellenten Einblick in neuere Entwickungen (in den USA und Kanada) zur gerichtlichen und psychologischen Lösung von Fällen hochgradiger Eltern-Kind-Entfremdung gewährt die speziell (auf etwa 200 Seiten) dem Thema gewidmete Ausgabe von Family Court Review, Jahrgang 48, Heft 1 (Januar 2010), vgl. GUEST EDITORS' INTRODUCTION TO SPECIAL ISSUE ON ALIENATED CHILDREN IN DIVORCE AND SEPARATION: EMERGING APPROACHES FOR FAMILIES AND COURTS (p 6-9) von Barbara Jo Fidler, Nicholas Bala (Kanada). Inhaltsverzeichnis und Kurzzusammenfassungen sind online frei einsehbar.  Diese Ergebnisse wurden auf einem ebenfalls ausschließlich diesem Thema gewidmeten internationalen Kongress in  Denver, Colorado, 2-5- Juni vertieft, veranstaltet von der Association of Family and Conciliation Courts (AFCC) und mit über 1000 Teilnehmern.

Parental Alienation, DSM-5, and ICD-11, herausgegeben von William Bernet, M.D.,Professor, Department of Psychiatry, Vanderbilt University School of Medicine.cover
Verlag: Charles C Thomas Pub Ltd (September 2010),  264 Seiten, Taschenbuch, ISBN-10: 0398079455, ISBN-13: 978-0398079451, 22,99 Euro. Eine gebundene Ausgabe erscheint im Oktober 2010, ISBN-10: 0398079447, ISBN-13: 978-0398079444, 53,99 Euro.
Liste der etwa 70 mitwirkenden Autoren aus 12 Staaten und Leseproben: http://www.ccthomas.com/ebooks/9780398079444.pdf.
Wegen der eigenen, direkten Mitwirkung an diesem Projekt seit Anfang 2009 verbietet sich die hier sonst übliche Rezension. Nur so weit: Das Projekt entstand aus dem Wunsch, dass das Thema Eltern-Kind-Entfremdung Aufnahme in die derzeit in Vorbereitung befindlichen Neufassungen der medizinischen Klassifizierungsschemata DSM-5 der American Psychiatric Association und ICD-11 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) finden mögen, nicht unbedingt als neue psychiatrische Störung, sondern was viele eher unterstützen (wir auch) als Erweiterung der schon bestehenden Einträge zu Eltern-Kind Beziehungsproblemen. Solche Einträge, hoffen wir, sollten wenigstens das natürlich auch in Deutschland von selbsternannten "Experten" und idelogisch motivierten Gruppen gern wiederholte Argument widerlegen, das Parental Alienation Syndrome sei nicht wissenschaftlich anerkannt, ja sogar, gäbe es gar nicht, weil es nicht in diesen Standardklassifikierungsschemata enthalten ist. Ein spanischer Familienrichter hat dazu sehr treffend gesagt, dass sei ähnlich, als ob man behaupten würde,es gäbe keine misshandelte Frauen, weil das (von diesen Gruppen vertretene) "Battered Wife Syndrome" ja ebenfalls bisher nicht in DSM oder ICD vertreten ist.  
 
   Viel wichtiger ist aber, dass wir mit der Aufnahme in diese medizinischen Klassifizierungsschemata erwarten könnten, dass das Thema erheblich vermehrte Aufmerksamkeit in der Fachwelt der Kinder-und Jugend Medizin / Psychiatrie erfahren würde, was sich dann auch vermehrt in wissenschaftlichen Publikationen aus dieser Fachgruppe niederschlagen würde. Derzeit stammt die Mehrzahl der ernsthaften wissenschaftlichen Publikationen zu diesem Thema überwiegend aus der psychologischen Fachwelt, wie die wohl wichtigste psychologische Literaturdatenbank, PsycInfo, der American Psychological Association (APA) zeigt. Sie hat derzeit etwa 180 Einträge zum Thema "Parental Alienation Syndrome", wobei praktisch ausschließlich nur vor der Publikation von renommierten Fachkollegen begutachtete Arbeiten (peer reviewed articles) Aufnahme finden, eine in Deutschland leider, abgesehen von den Naturwissenschaften, noch weitgehend unbekannte, sehr wirksame Methode der Qualitätssicherung. Um deutlich zu machen, welch große Aufmerksamkeit das Thema weltweit findet (obwohl deutsche "Experten" dazu gar erklärt haben, es fände keinerlei wissenschaftliche Beachtung) wurde die sicher derzeit umfangreichste Bibliographie, mit etwa 600 Zitaten aus aller Welt, in dem Buch zusammen getragen. Dabei sind allerdings (zum Bedauern des Schreibers und Mitautors) auch einige Zitate, die zwar auch zeigen, dass das Thema große Aufmerksamkeit findet, aber sich auf Arbeiten beziehen, die überwiegend polemisch sind und wohl zu Recht als "junk science" bezeichnet werden können, sofern das Wort "science" hier überhaupt angebracht ist (solche Arbeiten gibt es auch reichlich aus Deutschland, und das sogar in Fachzeitschriften). Der persönlichen Meinung nach, wäre der Sache besser gedient, wenn man solche Arbeiten einfach ignorieren würde, obwohl Kritik, die aber sachlich und qualifiziert sein sollte, unbestritten ganz wesentlich für wissenschaftlichen Fortschritt ist, vgl. dazu Begutachtete Aufsätze in Fachzeitschriften und das Parental Alienation Syndrome und unsere eigene Bibliographie zum Thema Eltern-Kind-Entfremdung, speziell auch zur deutschsprachigen Literatur.
   Das Buch weist in der Einleitung darauf hin, dass bei so vielen mitwirkenden Autoren ein vollständiger Konsensus nicht erwartet werden kann. Aber in einem waren wir uns alle einig: Das Thema sachlich und so darzustellen, dass daraus keine einseitigen Schuldzuweisungen entstehen können und so unnötige Kontroversen, die der Sache nur schaden, vermieden werden.  Was unserer Meinung nach besonders wichtig ist und was auch im Buch deutlich zum Ausdruck kommt, ist, dass die Situation des Kindes und seine äußerst schwierige Bewältigungsaufgabe in der Mitte eines heftigen Elternkonfliktes im Mittelpunkt stehen sollte. Wir hoffen, dass dieses Buch dazu beiträgt und weitere wissenschaftliche Arbeiten in dieser Richtung anregt.
In diesem Zusammenhang möchten wir auch dringend von einer Beteiligung an Aufrufen von Betroffenengruppen abraten, die nun auch Deutschland erreicht haben, massenweise Schreiben an die Mitglieder der Kommisionen für die Neufassung von DSM und ICD zu verschicken. Wir wissen, dass sie bereits von vielen Tausenden solcher Schreiben überflutet wurden und es sollte eigentlich nicht schwierig sein sich vorzustellen wie sie darauf reagieren. DSM und ICD sind zwar keine wissenschaftlichen Lehrbücher, erheben aber dennoch den Anspruch allein auf strengen wissenschaftlichen Grundlagen zu basieren und keineswegs auf einem Plebiszit politischen Stiles. Wir wissen auch, dass die im obigen Buch gemachten Vorschläge von den zuständigen Gremien derzeit einer ersthaften Prüfung unterzogen werden. Die Veröffentlichung von DSM-5 ist für Mai 2013 vorgesehen. 


27.08.2010: Mit der gestrigen Unterzeichnung durch den Präsidenten Brasiliens trat ein Gesetz über Parental Alienation (Gesetzesprojekt 4053 / 2008) unmittelbar in Kraft. Es definiert welche Verhalten von Eltern,Großeltern oder sonstigen Personen, denen die Sorge für ein Kind obliegt, Akte von Parental  Alienation (Eltern-Kind-Entfremdung) darstellen. Wenn Hinweise für ein solches Verhalten vorliegen haben die Gerichte den Fall beschleunigt zu behandeln, um das Kind und seine Beziehung zum entfremdeten Elternteil zu schützen. Psychologische Fachgutachten müssen innerhalb von 90 Tagen vorgelegt werden. Es werden eine Reihe von Maßnahmen und Sanktionen definiert, die von einer Ermahnung an den entfremdenten Elternteil, Ausweitung des Besuchsrechts, pychologischer Intervention, bis zu Sorgerechtswechsel und Gefängnis reichen.  Die Schritte von der Einbringung des Gesetzesvorschlags in 2008 bis zur Unterzeichnung des Gesetzes können auf den Webseiten des brasilianischen Parlamentes eingesehen werden. Artikel 9 und 10 der parlamentarischen Fassung wurden vom Präsidenten der Republik abgelehnt, weil das Justizministerium der Auffassung war, dass das Kindschaftsrecht laut Verfassung nicht außergerichtlichen Maßnahmen, wie der Mediation, unterliegen soll (Art.9) und ein weiterer Hinweis auf Sanktionen (Art. 10) angesichts der schon vorgesehenen Maßnahmen (insbesondere Art. 6) unnötig sei.
 Brasilianischer Originaltext    Deutsche Übersetzung (pdf Datei).   

24.6.2011: Neue Gesetzgebung zu Eltern-Kind-Entfremdung in Mexiko.
Nach Brasilien (27.8.2010) hat gerade wieder ein Staat das Problem der Eltern-Kind-Entfremdung als sehr ernsthaft anerkannt, entsprechend beschrieben und in sein Zivilrecht aufgenommen: Gestern, 23.6.2011, wurde im Parlament des mexikanischen Staates Querétaro ein sehr ausführlich begründeter Vorschlag angenommen mit dem Eltern-Kind Entfremdung (Alienación Parental) in Art. 443 - 449  des Zivilrechts als ernsthafte Gefährdung des Kindeswohls definiert wird, die auch den juristischen Organen mitzuteilen ist. Die Gerichte haben bei Kenntnisnahme einer solchen Manipulation die in der Prozessordnung vorgesehenen Maßnahmen zum Schutze des Kindes zu ergreifen, auch einschließich eines Sorgerechtsentzugs (so angefügt als Grund IV in Art. 443 der Gründe für einen Sorgerechtsentzug): Gaceta Legislativa 058 vom 23.6.2011.
Bereits früher, am 19.11.2007, hat ein anderer mexikanischer Staat, AGUASCALIENTES, ganz ähnliche Erklärungen und Bestimmungen in sein Zivilrecht (CÓDIGO CIVIL DEL ESTADO DE AGUASCALIENTES, Art. 439, 440) aufgenommen: PERIODICO OFICIAL DEL ESTADO DE AGUASCALIENTES 19 de Noviembre de 2007 Núm. 47.
Vorläufig hier unsere Rohübersetzung ins Englische der offiziellen Zusammenfassung der Parlamentssitzung.
Auch Morelos hat PA in 2008 in sein Zivilgesetz aufgenommen (Artikel 224). Parlamentarische Gesetzesvorschläge mit einer Definition von PA und Maßnahmen zum Umgang damit (einschließlich, falls nötig Sorgerechtswechsel) sind auch in den Michoacán de Ocampo (2010) und Chihuahua (2011) eingebracht worden, sowie ein weiterer in Morelos (2011).

Auch in Italien sind anläßlich einer Novellierung des Gesetzes zur gemeinsamen Sorge und dem Wechselmodell (affido condiviso) Gesetzesvorschläge  in das Parlament  eingebracht worden, die Passagen zu Eltern-Kind-Entfremdung (Alienazione Parentale oder Alienazione Genitoriale) enthalten.

10.12. 2011: Österreichische Parlamentarische Initiative zu Eltern-Kind Entremdung (PA - Parental Alienation).
Im österreichischen Nationalrat wurde am Mittwoch 7.12.2011 von Dr. Peter Fichtenbauer (Rechtsanwalt und stellvertrender Vorsitzender des freiheitlichen Parlamentsklubs, einer Oppositionspartei), Kolleginnen und Kollegen ein Entschließungsantrag eingebracht mit dem die österreichische Bundesregierung aufgefordert wird eine Regierungsvorlage zu entwickeln, welche "Elterliche Entfremdung (PA - Parental Alienation)" definiert und als eine Form von Kindesmisshandlung unter Strafe stellt. Als Vorbild wird das Brasilianische PA Gesetz vollständig in Übersetzung in dem 11 seitigen Dokument dargestellt, sowie auf die relevanten Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der Version der UN Kinderrechtskonvention, die auch, wie die EMRK seit 1958, seit Februar 2011 Teil der österreichischen Verfassung ist, und weitere Gesetze aus Österreich hingewiesen. Außerdem werden u.a. aus (Bernet 2010) auf etwa 500 Studien zu PA aus 30 Staaten (Vgl. dazu im Gegensatz die Behauptungen des VAMV und sogar deren Wiederholung aus dem BMFSFJ), sowie auf sehr interessante internationale und österreichische Studien zu den Folgen seelischer Kindesmisshandlung hingewiesen. Welche Aussichten dieser Antrag (jetzt im Rechtsausschuss) hat soll hier nicht beurteilt werden, außer mit dem Hinweis, dass auch das österreichische Reformgesetz 2012 zum Kindschaftsrecht noch auf einigen Widerstand stößt, sogar aus Teilen zumindest der Anhänger einer Regierungspartei.   

  Dazu kamen anderswo auch heuer wieder offizielle Erklärungen zahlreicher Staaten und anderer offizieller Stellen zum ,,Parental Alienation Awareness Day".
 
  Wenn man auch in Deutschland ohne ideologische Scheuklappen die Berichte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen anhören würde, würde man auch hier genügend von Eltern-Kind-Entfremdung, d. h. vom effektiven Verlust eines Elternteils Betroffene finden, die vermutlich ,,Einelternfamilien" anders als der VAMV
(VAMV Pressemitteilung vom 24.1.2007) nicht als ,,zukunftsweisende Lebensform" sehen, aber wegen der Langzeitfolgen der Entfremdung mit erhöhter Wahrscheinlichkeit ebenfalls von Problemen in ihrer Paarbeziehung betroffen sein werden (Transgenerationseffekt). Selbst wenn dann die Existenz eines ernsthaften Problems in unserer Gesellschaft, gleichgültig wie man es nennen möchte, nicht mehr einfach bestritten werden könnte, kann und sollte selbstverständlich über den besten Umgang damit diskutiert werden.

Vgl. dazu aber immerhin die Veranstaltung der Kinderkommission des Bayerischen Landtages: 24.03.2011 - Eltern-Kind-Entfremdung: Fachgespräch und Fotoausstellung im Landtag,
an der u.a. auch Spitzenbeamte aus vier Ministerien teilnahmen.

17.07.2012: Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen hat einen 163 seitigen Leitfaden für Ärztinnen und Ärzte: Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Erkennen und Handeln  herausgebracht. Auf Seite 111 wird auf Sonderformen seelischer Kindesmisshandlung hingewiesen:
 3.4.2.4. Sonderformen seelischer Misshandlung
Eine seelische Misshandlung kann auch in einem von den Bezugspersonen so gar nicht erkannten, aber dennoch zu verantwortenden situativen Zusammenhang vorliegen:
• Einbeziehung des Kindes bzw. des Jugendlichen in bestehende Partnerkonflikte
mit Anheizen eines Loyalitätskonfliktes für das Kind und damit einem Angriff auf die Bindung zum anderen Elternteil – mit Übergängen in ein Parental Alienation Syndrom nach elterlicher Trennung.
Beispiel:
Ein 11-jähriger Junge wird seinem inzwischen von der Mutter geschiedenen Vater, zu dem emotional eine große Hingezogenheit besteht, durch die Mutter entfremdet, indem diese entgegen
tatsächlichen Gegebenheiten von der vermeintlich durch den Vater verschuldeten schwierigen finanziellen Situation, von körperlichen Übergrifflichkeiten des Vaters in der Vorgeschichte, terrorisierenden
Anrufen und dem Hass auf den Freund der Mutter berichtet.

Wir freuen uns über diesen Hinweis und, dass damit, nach der sehr beachtlichen Veranstaltung der Kinderkommission des Bayerischen Landtages vom 24.03.2011 - Eltern-Kind-Entfremdung: Fachgespräch und Fotoausstellung im Landtag, dem Thema wenigstens in Bayern (anders als leider immer noch bei vielen anderen Stellen in Deutschland und auf Bundesebene) weitere fachliche Beachtung geschenkt wird, sogar unter der Bezeichnung, die sich längst weltweit eingebürgert hat und damit eine sehr umfangreiche internationale Fachliteratur eröffnet. Dass dies am Beispiel einer entfremdenden Mutter erläutert wurde, entspricht der statistischen Tatsache, dass überwiegend Väter von Ausgrenzung betroffen sind. Das hat aber nichts mit besonderen Persönlichkeitssstrukturen von Müttern zu tun und anderseits handelt es sich auch nicht lediglich um Schutzbehauptungen von Vätern, sondern beruht schlicht auf der ebenfalls deutlichen statistischen Tatsache, dass Kinder nach einer Trennung und Scheidung weit überwiegend bei der Mutter wohnen und damit diese über ungleich mehr Möglichkeiten verfügt das Kind vom anderen Elternteil zu entfremden. Das hätte von den Pionieren der PAS Forschung, angefangen mit Richard Gardner (1985) deutlicher betont werden müssen, um unnötige Kontroversen zu vermeiden. Es wird aber jetzt  (auch in Deutschland) dadurch noch deutlicher, dass immer mehr Väter als Wohnelternteil fungieren, und damit immer mehr Mütter von Ausgrenzung betroffen sind, und das sogar in besonderer Weise, weil unsere Gesellschaft immer noch erwartet, dass Kinder nach einer Trennung / Scheidung "normalerweise" bei der Mutter wohnen. Vgl. dazu z. B. die kanadische Studie von Kruk (2010).

Dass sich der Hinweis des Bayerischen Staatsministeriums zu Parental Alienation an Ärzte / Ärztinnen richtet ist ebenfalls wichtig, weil diese oft erste Anlaufstellen bei Verhaltensauffälligkeiten der Kinder sind, aber in Entfremdungsfällen auch nicht selten versucht wird, sie für Atteste zu gewinnen, die bestätigen sollen, dass der Umgang mit dem anderen Elternteil dem Kind schadet. (Vgl. Walter Andritzky, Zur Problematik kinderärztlicher Atteste  bei Umgangs- und Sorgerechtsstreitigkeiten. Mit Ergebnissen einer Befragung. Kinder- und Jugendarzt  2002; 33: 885–889; A. Camps, Psychiatrische und psychosomatische Konsequenzen für PAS-Kinder, in Das Parental Alienation Syndrome, 2002, S.143-155. Andritzky in Gardner, Sauber, Lorandos, The International Handbook of Parental Alienation Syndrome, 2006, Seiten 195-208). Hier ist ein solches Attest eines Kinderarztes, das sogar ohne jemals Kontakt zum ausgegrenzten Vater gehabt zu haben erstellt wurde, aber zu dem dennoch von der Ärztekammer damals (1998) eine Beanstandung zurückgewiesen wurde.  Es zeigt wie notwendig und wichtig der Leitfaden des Bayerischen Staatsministeriums ist und dass diese Aktion auf das Bundesgebiet ausgedehnt werden sollte.

22.04.2012: Die Verursachung von Eltern-Kind-Entfremdung (Parental Alienation) ist seelische Kindesmisshandlung sagt die bekannte französische Psychiaterin / Psychoanalytikerin und Erfolgsautorin Marie-France Hirigoyen in einem mit L'aliénation parentale überschriebenen Kapitel im zweiten Teil ihres neuen Buches Abus de Faiblesse et Autres Manipulations [Missbrauch von Schwäche und andere Manipulationen] der sich mit ABUS DE FAIBLESSE SUR MINEURS [Missbrauch der Schwäche Minderjähriger] befasst. Sie beschreibt darin an Hand von Fallbeispielen, die an der Existenz und Ernsthaftigkeit des PA Problems, im Gegensatz zu den bei uns immer noch verbreiteten Behauptungen, keinerlei Zweifel lassen, die psychologische Situation aller drei Beteiligten an diesem Beziehungsproblem: den entfremdenden Elternteil mit oft ausgeprägten narzistischen Persönlichkeitsstörungen, die meist auf die eigene problematische Kindheit zurückzuführen sind (Transgenerationseffekt), die extrem schwierige Situation des Kindes in der Mitte des Elternkonfliktes und seine Bewältigungsversuche, und schließlich das Ohnmachtsgefühl des entfremdeten Elternteils. Diesem wird aber dringend geraten zu versuchen im Leben des Kindes doch irgendwie präsent zu bleiben, ohne es aber zu bedrängen und dem man auf keinem Fall "DIE WAHRHEIT" aufzudrängen versuchen, aber doch auf unberechtigte Vorwürfe direkt und klar antworten sollte.
Marie-France Hirigoyen, die an einer Pariser Universität lehrt und bei der Gesetzgebung gegen psychische Belästigung in Frankreich, Belgien und Kanada beratend mitwirkte, ist vor allem durch ihr Buch Le harcèlement moral, la violence perverse au quotidien (1998) weltweit bekannt geworden, das in 24 Sprachen übersetzt wurde, in Deutsch mit dem wenig aussagekräftigen Titel "Die Masken der Niedertracht" (In Englisch weit besser als "Stalking the Soul. Emotional Abuse and the Erosion of Identity") mit insgesamt etwa einer halben Million Exemplaren. Wir erwarten, dass auch ihr neues Buch, erschienen  im Verlag JC Lattès, Paris  (14 März 2012), ISBN-10: 2709636719, ISBN-13: 978-2709636711, ähnlich erfolgreich sein wird. 

16.7.2012: Neues Buch zu Eltern-Kind-Entfremdung: Wilfrid von Boch-Galhau: Parental Alienation und Parental Alienation Syndrome / Disorder. Eine ernst zu nehmende Form von psychischer Kindesmisshandlung - mit Fallbeispielen-. VWB -Verlag für Wissenschaft und Bildung (2012), ISBN: 978-3-86135-178-8.  156 Seiten, 16 Euro.
Im Gegensatz zu anderen Staaten gibt es in Deutschland kaum Fachliteratur zu induzierter Eltern-Kind-Entfremdung, und das nicht einmal in Übersetzung (vgl. z. B. unseren Kommentar vom 16.1.2012). Aber nicht nur aus diesem Grund füllt dieses neue Buch eine besondere Lücke. Es ist nämlich gelungen auch betroffene Kinder selbst zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu befragen und so zu erfahren, wie sie die intensive Phase der Entfremdung erlebt haben und welche Hilfe sie sich dabei von den Trennung / Scheidung begleitenden Stellen, einschließlich des Jugendamtes und der Familliengerichte gewünscht hätten. Die meisten bisherigen Befragungen, wie etwa in dem Buch von Amy J. L. Baker: Adult Children of Parental Alienation Syndrome. Breaking the Ties that Bind, stellen dagegen lediglich eine Retrospektive dar, weil eine Zustimmung und auch nur minimale Kooperation des entfremdenden, und fast immer auch betreuenden (Wohn-) Elternteils praktisch nie zu erreichen ist, und daher die Befragungen aus ethischen und rechtlichen Günden erst im Erwachsenenalter erfolgen konnten, dann aber auchAuskunft über Langzeitfolgen der Entfremdung geben. Zu der besonders wichtigen aktiven Phase, in der ja die Weichen noch anders gestellt werden könnten, gibt es daher meist nur die Berichte aus der Sicht des betroffenen, ausgegrenzten Elternteiles. Interviews mit betroffenen Kindern selbst waren jedoch in Einzelfällen möglich, wenn sie entweder freiwillig oder auf gerichtliche Anordnung (Wechsel des Sorgerechts oder des Teilbereichs Aufenthaltsbestimmungsrecht) zum anderen Elternteil wechselten, oder in einem Fall, als das Kind nach einem langem Prozeß aus institutioneller Entfremdung (wegen eines unbegründeten Missbrauchsvorwürfs) befreit wurde. Was den Wert dieser Interviews noch wesentlich erhöht, ist dass dazu Folgeinterviews durchgeführt wurden, die erkennen lassen, wie der Aufenthaltswechsel vom Kind erlebt wurde, und wie sich die neue Situation weiter entwickelte. Positive Erfahrungen dabei sollten auch in anderen Fällen massiver Entfremdung dazu ermutigen, sicher erst nach sehr sorgfältiger Abwägung weniger massiver, alternativer Möglichkeiten, aber viel früher, wie das meist geschieht, wenn überhaupt, einen Wechsel des Aufenthaltes (mit begleitenden Maßnahmen) in Betracht zu ziehen.   

23.4.2013: Am Donnerstag 25.4. ist Parental Alienation Awareness Day an dem es weltweit zahlreiche Veranstaltungen gibt, die auf das Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung und seine Folgen aufmerksam machen wollen. In zahlreichen Bundesstaaten der USA und in kanadischen Provinzen wurden dazu auch offizielle Proklamationen erlassen. In Deutschland dagegen, sofern die Begriffe Parental Alienation (PA) oder Parental Alienation Syndrom (PAS) überhaupt Erwähnung finden, werden damit in erster Linie alte, nutzlose Kontroversen und ungeprüfte Behauptungen wiederholt. Es wird behauptet, dass diese "Theorien" keine wissenschaftliche Anerkennung fänden, wobei einfach völlig ignoriert wird, dass es weltweit viele hunderte von Veröffentlichungen zu diesem Thema in wissenschaftlichen Zeitschriften gibt, die anders als meist in Deutschland auch einer strengen Qualitätskontrolle, einem sogenannten "peer review" durch anerkannte Fachkollegen unterliegen. Ebenso wird behauptet, dass PA oder PAS Vorwürfe in erster Linie von Vätern dazu benützt würden um von ihren eigenen Misshandlungen und häuslicher Gewalt abzulenken, ohne dass jemals ein konkreter Fall aufgeführt wird, der dies bestätigt oder in dem es gar gelungen ist damit die Gerichte zu täuschen. Übersehen wird dabei auch, dass es zunehmend auch immer mehr Mütter gibt die von Umgangsvereitelung und Eltern-Kind-Entfremdung betroffen sind, weil das nicht eine Frage des Geschlechts ist, sondern in erster Linie der Macht als Wohnelternteil. 
   Im Gegensatz zu solchen Behauptungen, die das Phänomen selbst in Abrede zu stellen suchen, ist es durchaus angebracht und kann dem wissenschaftlichen Fortschritt dienen, wenn man einzelnen Theorien zu seiner Erklärung kritisch gegenüber steht. Zumindest zur besseren Übersicht über bekannte Literatur und relevante Gerichtsurteile würde es zunächst auch genügen PA oder PAS nur als nützliche Bezeichnungen zu sehen die sich nun einmal weltweit eingebürgert haben, um grob auf bekannte Verhaltensmuster hinzuweisen, ohne damit eine bestimmte Theorie zu verbinden oder einen Elternteil oder ein Kind damit zu diagnostizieren. 
   Es gibt auch in Deutschland nicht wenige familiengerichtliche Urteile, die zwar die Begriffe PA und PAS meist meiden, aber in aller Deutlichkeit beschreiben wie ein Elternteil das Kind negativ gegen den anderen Elternteil beeinflußt, den Umgang verhindert und durch diese psychische Misshandlung dem Kind schweren Schaden zufügt. Das große Problem hier ist nur, dass es überwiegend bei diesen Worten bleibt und wenig und vor allem nicht früh genüg etwas unternommen wird um Umgangsvereitelung und Eltern-Kind-Entfremdung zu beenden. Wie die umfangreiche Erfahrung, vor allem aus Nordamerika zeigt, sind bloße Appelle an die Einsicht von entfremdenden Elternteilen weitgehend nutzlos. Es braucht klare gerichtliche Anordnungen, die auch durchgesetzt werden. Das ist auch die Voraussetzung für eine Therapie zur Wiederannäherung zwischen Kind und entfremdetem, ausgegrenzten Elternteil, vor allem weil sie der entfremdende Elternteil meist zu torpedieren versucht. In Deutschland, wenn eine Therapie überhaupt angeordnet wird, gelingt das sogar meist von Anfang an in einem Beschwerdeverfahren etc. Außerdem zeigt die Erfahrung, dass eine Therapie bei Eltern-Kind-Entfremdung spezielle Techniken erfordert, eine konventionelle Psychotherapie dagegen die Situation sogar verschlimmern kann, vgl. z. B. die einzelnen Kapitel darin erfahrener klinischer Psychologen und Autoren in Baker, Amy J. L. and Sauber, R. L., Working with alienated children and families: A clinical guidebook, Routledge, New York 2012, und ähnliche Fachbücher, von denen es in Deutschland bisher allerdings kein einziges gibt, und das nicht einmal in Übersetzung.               


18.05.2013: Die American Psychiatric Association hat heute die lang erwartete Neufassung des psychiatrischen Klassifizierungssystems Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) veröffentlicht. Wir bringen dazu einen ausführlichen Bericht "Eltern-Kind-Entfremdung (Parental Alienation) und das neue Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5)" der sich mit der Berücksichtigung des Phänomens der Eltern-Kind-Entfremdung darin befasst. 

11.07.2013: Hervorragende kanadische TV Serie "Family Matters" über Familienrecht mit Familienrichter Harvey Brownstone, Autor des Bestsellers "Tug of War: a Judge's Verdict on Separation, Custody Battles, and the Bitter Realities of Family Court".

In its second season at CHEK and CHCH, Family Matters with Justice Harvey Brownstone, is the only TV show ever hosted by an actual sitting judge. Justice Brownstone is the author of the bestseller: Tug of War: a Judge's Verdict on Separation, Custody Battles, and the Bitter Realities of Family Court. He is considered the 'face and voice of the Canadian justice system;' and is likely the most recognizable judge in the country. Family Matters focuses on the relationship between modern family issues and the justice system, covering topics such as Internet dating, spousal and child support, addictions, parenting, social media, bullying, domestic violence, same-sex marriage/parenting, adoption, child protection, and infidelity. Justice Brownstone interviews social workers, lawyers, mediators, judges, psychologists, and everyday people to inform and entertain viewers on topics usually not discussed in a sophisticated, intelligent manner on TV. 

Die Episoden 211-216 sind auch als YouTube Clips verfügbar: 
http://www.youtube.com/playlist?list=PL443E2523747A58C6

Prof. Richard Warshak (Dallas), einer der herausragendesten Experten zu Hochkonfliktfällen und Eltern-Kind-Entfremdung war Gast in 3 dieser Episoden. Das ist was er dazu sagt:
Each show covers a different aspect of how parents' hostilities hurt children. Click on the title to see the video.

    High Conflict Divorce (air date: June 22) deals with parental alienation, with attention to the ways professionals and courts can either help or harm parent-child relationships. Episode 214
    Divorce At School (air date: June 29) covers the ways in which divorce conflict and divorce poison derail children's school adjustment. Episode 209
    Child Abduction (air date: June 1) explains why parents abduct children, how to prevent abductions, and how to help alienated children reunite with the left behind parent. Episode 213 
    Web extra extended interview on parental alienation. 

I enjoyed appearing on the show and hope you find these clips rewarding and worthy of your time.


13.12.2013: Ein umfassendes Handbuch mit dem derzeit wohl aktuellstem Stand zur Eltern-Kind-Entfremdung (Parental Alienation)
 ist mit heutigem Tag erschienen:

Titelseite

 
Demosthenes Lorandos, William Bernet und S. Richard Sauber (Herausgeber),  PARENTAL ALIENATION: The Handbook for Mental Health and Legal Professionals
, 550 Seiten, gebunden  +1  CD  mit  über 1000 Literaturangaben, der Analyse von 500 Fällen (aus Nordamerika) und 25 Muster-Gerichtsanträgen. Auch als e-book.

Verlag CHARLES C THOMAS PUBLISHER · LTD.   |   2600 South First Street, Springfield, IL 62704   |   (800) 258-8980 or Outside U.S.: (217) 789-8980   |   books@ccthomas.com (und in den nächsten Tagen sicher auch lokal beziehbar).

Es enthält 16 Kapitel. Eine Beschreibung, die Autorenliste, das Inhaltsverzeichnis und Auszüge aus dem Buch sind  auf den Webseiten des Verlags zu finden: http://www.ccthomas.com/details.cfm?P_ISBN13=9780398088811 .

Kapitel 13 Parental Alienation Initiatives Around the World (Christian T. Dum Ph.D.) befasst sich speziell mit der internationalen Entwicklung, insbesondere in nicht Englisch sprachigen Staaten, darunter auch Deutschland, Urteilen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte mit Bezug auf Eltern-Kind-Entfremdung, sowie mit Gesetzgebung dazu, siehe Inhaltsverzeichnis.
Zu der in Deutschland nach einer zunächst enthusiastischen Phase (ab 1998) dann überwiegend ideologisch, statt auf empirischen Untersuchungen beruhend geführten Debatte (die allerdings zum allergrößten Teil anderswo schon längst geführt worden war) aus Kapitel 13 nur einige Anmerkungen:
  1. Auf die Bezeichnung Parental Alienation (PA) oder gar ob die Verhaltensmuster die Gardner zu einem Parental Alienation Syndrom (PAS) zusammenfasste, zu Recht ein reales medizinisches Syndrom darstellen kommt es überhaupt nicht an, deshalb auch nicht ob entsprechende Einträge in den medizinischen Klassifizierungsschemata DSM und ICD existieren oder nicht. Das ändert nichts an der Realität des Problems, oder wie es ein spanischer Familienrichter, Ángel Luis Campo (2011) ausdrückte: ,,Familienrichter müssen nicht über die Angemessenheit der Bezeichnung Parental Alienation entscheiden, sondern darüber was dahinter steckt. Es kann kaum ein Zweifel darüber bestehen, dass es Eltern gibt die versuchen ihr Kind dahin zu manipulieren den Kontakt mit dem anderen Elternteil abzulehnen, und Richter müssen entsprechend handeln." Ein anderer Familienrichter, Francisco Serrano Castro (2011), sagte ,,Die Realität von Parental Alienation abzustreiten, weil es nicht in DSM als Krankheit aufgeführt ist, ist gleichbedeutend mit der Behauptung es gäbe keine misshandelten Frauen, weil das “battered wife syndrome” nicht in DSM aufgeführt ist."
  2. Zu der jetzigen starken Tendenz in Deutschland die Bezeichnung Parental Alienation oder auch Eltern-Kind-Entfremdung ganz zu vermeiden,  auch in psycholologischen Gutachten und Urteilen die den wesentlichen Sachverhalt sehr detailliert und hervorragend beschreiben, passt die Feststellung des OLG Richters a.D. D. W. Weychardt in seinem exzellenten  "Vortragsmanuskript zur Elterlichen Verantwortung" (2007): ,,Der RA sollte sich allerdings überlegen, ob es sinnvoll ist, sofort (im Vorfeld und/oder bei Gericht) mit dem Stichwort ‚PAS’ zu operieren. Dadurch könnten auf der Richterbank auch gewisse Aversionen geweckt werden, wie weiland, als man/frau mit dem Vorwurf des sexuellen Mißbrauchs punkten wollte. Es geht doch darum, Eskalationen bei allen Beteiligten zu vermeiden!" Dem ist voll zuzustimmen, weil es sicher nicht sinnvoll wäre einfach mit dem Schlagwort "Parental Alienation" quasi als Anschuldigung zu operieren, sondern es muss der tatsächliche Sachverhalt im jeweiligen Einzelfall ermittelt werden und zur Sprache kommen. Gewisse Kreise wiederholen zwar häufig Behauptungen, dass Väter häusliche Gewalt, sexuellen Missbrauch etc. durch PA Anschuldigungen verdecken würden, sind aber bisher den Nachweis auch nur eines einzigen konkreten Falles schuldig geblieben, in dem es gelungen wäre so Gerichte in die Irre zu führen. Sie wollen dabei auch offensichtlich übersehen, dass es jetzt auch immer mehr Mütter gibt die auf gleiche Weise von Ausgrenzung betroffen sind, weil dies nicht eine Frage des Geschlechts  ist sondern der Macht, die in erster Linie der Wohnelternteil besitzt.
  3. Obwohl Gardner nicht der erste war der das Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung nach Trennung / Scheidung ausführlich beschrieb und bei aller möglichen Kritik an seinen Formulierungen ist es sein Verdienst mit "Parental Alienation" eine Bezeichnung gefunden zu haben die sich nun einmal weltweit eingebürgert hat, ob man sie nun mag oder nicht. Ohne sie (als Stichwort) ist es daher sehr viel schwieriger Urteile oder die riesige Menge an  wissenschaftlicher Literatur aufzufinden, die sich auf entsprechende Verhaltenmuster beziehen, und die auch in der neuen Fassung DSM-5 des Klassifizierungschemas der American Psychiatric Association sogar erweitert angeführt sind, vgl. unseren Bericht zu DSM-5. Erkenntnisse daraus wären aber wichtig um 1. die Aussagen eines Kindes das sich in der Mitte eines heftigen Elternkonfliktes befindet besser bewerten zu können. 2. Zu erkennen wann wiederholte bloße richterliche Appelle an die Einsichtsfähigkeit eines entfremdenden Elternteils nutzlos sind und das Problem mit zunehmender Dauer nur vertiefen oder sogar irreparabel machen, und wann und wie statt dessen energischere Massnahmen, und zwar möglichst frühzeitig, erfolgen sollten. Zu diesen in der richterlichen Praxis unabhängig von jeder Ideologie aber auch von unterschiedlichen Theorien entscheidenden 2 Punkten vgl. insbesondere auch die sehr konkreten Ratschläge (auch für betroffene Eltern) einer langjährigen Anwältin für Familienrecht und seit 1995 Familienrichterin, Kap. 16, "A Judge's Perspective on Parental Alienation" von Michele Lowrance (vgl. auch http://parentalalienationawareness.wordpress.com/2012/08/10/parental-alienation-a-corrosive-legacy/).


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