Rezension [Originaltext in Englisch]
von Christian T. Dum, Ph.D.
A Family's Heartbreak [wörtlich: Herz zerbrechender Schmerz einer Familie]
A Parent's Introduction to Parental Alienation [Eine Einführung in Eltern- Kind-Entfremdung durch einen betroffenen Elternteil]
von Michael Jeffries mit Dr. Joel Davies

A Family's Heartbreak, LLC Stamford, Connecticut, 2008. ISBN 978-0-9796960-1-5, 295 Seiten,

beziehbar über http://afamilysheartbreak.com und AMAZON (USA).

 Trennung und Scheidung bedeuten für gewöhnlich einen großen ökonmischen und seelischen Umbruch im Leben der früheren Partner, und falls sie Eltern sind, auch im Leben ihrer Kinder. Eine besonders stressreiche Situation ensteht, wenn es Konflikte über das Sorgegerecht oder den Umgang mit den Kindern gibt. Sie wird herzzereissend, wenn Kinder nicht strikt aus dem Konflikt herausgehalten werden, sondern sich schließlich parteiisch auf die Seite eines Elternteils (meist des Wohnelternteils) stellen und den anderen Elternteil ohne gültige Gründe ablehnen. Dieses Phänomen, obwohl schon lange vorher beschrieben, ist jetzt unter der Bezeichnung Parental Alienation [Eltern-Kind-Entfremdung] oder als Parental Alienation Syndrom (PAS) bekannt, die Bezeichnung die der Psychiater Richard Gardner wählte, als er um 1985 begann die typischen Verhaltensmuster genauer zu beschreiben. Obwohl eine sehr umfangreiche Fachliteratur seither entwickelt wurde, werden die meisten betroffenen (Ziel-) Elternteile völlig ratlos sein, zu verstehen wie ein Kind, zu dem sie immer eine enge, liebevolle Beziehung hatten, sie plötzlich ablehnen, ja sogar verunglimpfen und alle Kontakte ablehnen kann. Das ist genau die Situation in der sich der Autor des Buches fand, buchstäblich über Nacht, nachdem er seiner Frau erklärt hatte, dass er definitiv ihre zerüttete Ehe beenden wollte. Er hatte nie von Parental Alienation gehört, aber in seinem Bestreben zu verstehen was mit ihm passierte fand er schließlich in Dr. Davies einen Psychotherapeuten der mit dem Phänomen sehr vertraut war. Ihre spätere Zusammenarbeit als betroffener Elternteil und psychologischer Experte beim Schreiben dieses Buches macht es wirklich exzeptionell, anders als Fachliteratur, die das Problem vom Standpunkt eines neutralen Wissenschafters seziert, anders auch als die üblichen Selbsthilfebücher, und auch als persönliche Darstellungen ähnlicher Erfahrungen, von denen es bereits mehrere gibt.     

 Es ist schon lange anerkannt, dass das Teilen einer schwierigen persönlichen Erfahrung mit anderen oder das Lesen ähnlicher Geschichten und auf diese Weisde herauszufinden, dass die eigenen Geschichte gar nicht so einmalig ist, wie sie zunächst schien, von beachtlichem therapeutischen Wert sein kann, wie auch die eigene Geschichte aufzuschreiben, für diejenigen mit schriftstellerischen Können (oder mit kompetenten Helfern). Amy J. L. Baker (2006) hat diesen Punkt spezifisch mit Hinblick auf Eltern-Kind-Entfremdung erläutert, und vier typische Geschichten ausgewählt, die ein solches Verhalten beschreiben, obwohl nicht alle Parental Alienation explizit erwähnen. Im Vergleich zu diesen Geschichten, ist die Geschichte, die der jetzige Autor zu erzählen hat, obwohl für ihn als betroffener Elternteil sicher dramatisch und zunächst vollständig unverständlich, für sich selbst, zumindest für Leute, die in diesem Gebiet erfahren sind, nicht so ungwöhnlich, ja sogar mehr oder weniger voraussagbar, besonders, wenn man mehr über die Kindheit und Familienverhältnisse der Beteiligten erfährt, die in solchen Fällen oft eine Schlüsselrolle spielen. Die grundsätzlichen Verhaltensmuster sind immer in einer Weise ähnlich, die zunächst erstaunlich ist, aber zeigt, dass Parental Alienation ein wahres Phänomen ist. Was aus der Geschichte dennoch guten Lesestoff macht, ist, dass der Autor nicht nur ausgezeichnetes schriftstellerisches Können hat, mit einem beruflichen Hintergrund als ehemaliger Journalist sogar, sondern, dass er sich auf die Teile seiner Geschichte konzentirierte, die unmittelbar Bezug zu PAS haben, und er dazu eine sehr präzise Darstellung gibt, indem er sich Notizen bedient, die er über die ganze Zeit gemacht hatte. Aber was dieses Buch besonders wertvoll für betroffene Eltern macht, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, oder in eine solche erwarten, ist, dass der Autor nicht sich damit begnügt nur seine Geschichte zu erzählen, sondern an jeder Stelle einhält um in Alltagssprache zu fragen, warum etwas passiert, was die Mutter dazu motiviert or treibt die Kinder in den Mittelpunkt des Konflikts zu stellen und sie damit zu zwingen zwischen Mama und Papa zu wählen, was die Kinder in dieser Situation fühlen mögen, was er möglicherweise dagegen tun könnte, und dass diese Fragen dann direkt durch wirlkich erfahrene Fachleute beantwortet werden. 

Die grundsätzlichen Fragen, die auch fast alle stellten, als sie die Geschichte hörten, waren (Kapitel 11, S. 177):
1. Wie kann sie [die Mutter] das ihrem Kinder antun?
 2. Versteht sie nicht, wie sie es damit verletzt?
 3. Warum können (fülle die Leerstelle -- der Anwalt, der Richter, der Psychologe, die Polizei) nichts tun um Adam zu helfen? [dem jüngeren der beiden Söhne. Der ältere Sohn hatte es irgendwie geschafft im Konflikt neutral zu bleiben, obwohl er auch im der Familienwohnung verblieb, nachdem der Vater ausgezogen war. Er setzte regelmäßige Kontakte mit dem Vater fort, anders als der jüngere Sohn, der Besuche ablehnte, bei Telefonanrufen auflegte, aber noch Geschenke annahm, allerdings ohne sich dafür zu bedanken, Geld für Ausflüge forderte, ohne zu sagen wohin, und unhöflich, beleidigend war, ja sogar auf den Vater einschlug, sollten sie sich irgendwie treffen, alles Verhalten, dass seine Mutter zumindest duldete, wenn nicht ermutigte. Die Mutter spielte u.a. das "Telefonspiel", das allen vertraut ist, die mit solchen Fällen Erfahrung haben.]

  Das sind Fragen, die sich jeder betroffene Elternteil immer wieder stellen wird, verzweifelt nach einer Antwort suchend. Aber das sind auch grundsätzliche Fragen, die sich die, die Trennung /Scheidung begleiteten Fachleute stellen sollten, und Frage 3 in einer höchst selbstkritischen Weise. Sie hier im Kontext des wirklichen Lebens und durch einen Elternteil gestellt zu sehen, sollte neue, wichtige Perspektiven eröffnen. Fragen 1 und 2  sind faszinierend aus psychologischer Sicht, weil sie sich sehr häüfig auf entfremdende Elternteile beziehen, die sehr gebildet sind, manchmal sogar selbst psychologische Fachleute (die schlimmsten Fälle, vielleicht), von denen man erwarten würde, dass sie die dramatischen, sogar lebenslangen Folgen der Zerstörung der Beziehung des Kindes mit dem anderen Elternteil vollständig verstehen. Aber das sind auch Fragen von größter Bedeutung bezüglich der best geeigneten Maßnahmen, die das Gericht und die begleitenden psychologischen und juristischen Fachleute ergreifen sollten. Es ist traurig zu sehen, wie ein Richter immer noch an die Einsicht eines entfremdenden Elternteils appeliert, sein Verhalten in Richtung einer aktiven Förderung einer guten Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil, oder zumindest Kontakte nicht zu behindern, wenn dieser Elternteil über viele Jahre solche Hinweise ignoriert hat und sogar klare gerichtliche Anordnungen, ohne dass dies Folgen hatte. In solchen verhärteten, schweren Fällen von PAS wird der entfremdende Elternteil keine Einsicht entwickeln, dass das was er dem Kind antut, seelische Missshandlung ist. So ein Elternteil wird keinen Psychotherapeuten aufsuchen, mit dem aufrichtigen Wunsch Hilfe zu erlangen, sondern wird jeden ablehnen, der nicht exakt mit der eigenen Ansicht übereinstimmt, die darin besteht immer zu wissen was am besten für das Kind ist und daher in dessen besten Interesse zu handeln. Konventionelle Psychotherapie wird daher nicht funktionieren. Traurigerweise liefert dies Buch eine sehr klares Beispiel, wie das rechtliche und psychologische System nicht nur in seinem, sondern zahllosen anderen Fällen darin versagte Kindesmisshandlung durch Eltern-Kind-Entfremdung, mit seinen ernsten Langzeitfolgen, zu verhindern. Eine dieser Langzeitfolgen, die in das Erwachsenenleben eines Trennungs-/Scheidungskindes reicht, liefert jedoch einen wichtigen Hinweis zur Beantwortung der Fragen 1, 2. Es ist die Beobachtung eines Transgenerationseffektes, nämlich, dass Schwierigkeiten mit persönlichen Beziehungen, Entfremdung, und Scheidung die Tendenz haben sich zu wiederholen, manchmal sogar über mehrere Generationen. Man findet fast immer, dass der entfremdende Elternteil selbst eine schwierige Kindheit hatte, gleichgültig ob die Eltern sich trennten oder nicht. Das Buch liefert auch ein Beispiel dafür. 

   Fragen eines betroffenen Elternteils werden sich nicht nur darum drehen, warum diese bisher unglaublichen Dinge passieren, sondern in erster Linie was dagegen zu tun, wenn man sich sich so vollständig machtlos fühlt, in einer Situation, die man sich bisher niemals hätte vorstellen können und die daher erfordert sich wiederholt zu sagen, dass sie real ist. Die sensibelsten und drigendsten Fragen betreffen, wie verbleibende oder zufällige Kontakte mit dem entfremdeten Kind oder auch dem entfremdenden Elternteil zu handhaben sind und vordringlich natürlich, wie schließlich die positive Beziehung, die man mit dem Kind hatte, zurückgewonnen werden kann. Dr. Davies gibt hilfreiche Antworten zu diesen Fragen, angefangen mit der offenen Feststelleung, dass entfremdete Eltern für gewöhnlich auf eine lange, schwierige, emotionell (sowohl auch oft finanziell) auszehrende Reise gefasst sein müssen. Die Reise gut informiert über alle Aspekte von Parental Alienation zu beginnen, ist sehr hilfreich für den betroffenen Elternteil in einem therapeutischen Sinne, aber auch um die Sensibilität in verbleibenden Kontakten mit dem Kind zu steigern. Wir wissen aus den Berichten vormals entfremdeter Kinder, die fähig waren diese ungesunde Allianz mit einem Elternteil zu verlassen, ähnlich dem Ausstieg aus einer Sekte, wenn möglicherweise auch erst als Erwachsene, dass Zeichen der Gegenwart des anderen Elternteils sehr wichtig für sie waren, auch wenn sie noch nicht in der Lage waren darauf positiv zu reagieren. Oft sagen entfremdende Elternteile dem Kind, dass der andere Elternteil "uns" verlassen hat, kein Interesse mehr am Kind hat, oder sogar, im Falle von (internationaler) Kindesentführung insbesondere, dass er oder sie ins Gefängnis gesteckt wurde oder tot ist. Zeichen von Interesse und Zuneigung, und seien es nur neutrale Postkarten von einer Reise, an Geburtstagen etc., kleine Geschenke, mit einer restlichen Chance, dass sie der Zensur desWohnelternteils entkommen, sind daher sehr wichtig, sogar wenn sie zum Zeitpunkt auch vom Kind abgelehnt werden.Wiederannäherung kommt nicht automatisch mit der Volljährigkeit. Chancen, dass sie jemals, früher oder später, erfolgt, sind jedoch wesentlich erhöht, wenn der entfremdete Elternteil irgendwie im Leben des Kindes präsent bleibt, ohne zusätzlichen Druck auszuüben, aber es zu versichern, dass es bedingungslos geliebt wird, wie das Eltern normalerweise tun, und dass das während der ganzen schwierigen Zeit der Fall war. 

   Die lange Reise ist für gewöhnlich nicht beendet, wenn Kontakte zwischen entfremdeten Kind und Elternteil wieder zustande kommen. Sie können manchmal sogar innerhalb von Minuten wiederhergestellt werden, wenn die Entfremdung relativ leicht und kurz war, und sogar, wenn das Kind dazu durch einen Berater oder andere dritte Person leicht "genötigt" wurde. Unter der Oberfläche wird aber ein solches Kind in jedem Fall noch viel Bewältigungsarbeit leisten müssen. Die verlorene Zeit kann natürlich nicht zurück gebracht werden, aber zusätzlich gibt es viele Fragen die bewältigt werden müssen, insbesondere von einem Kind das lange in einer anderen Welt gelebt hat, die nun in wichtigen Bereichen wieder unwahr wird, bevor eine liebevolle, ganz vertrauensvolle und offene Beziehung zwischen dem Kind und vormals entfremdeten Elternteil wieder hergestellt ist. Außer, das Kind wechselt die "Lager", was keine wünschenswerte Lösung ist, weil Kinder beide Elternteile brauchen, auch als junge Erwachsene noch, wird es auch eine ähnlich gute Beziehung mit dem anderen Elternteil beibehalten wollen, sogar wenn dieser Elternteil weiter bewusst oder unbewusst sein entfremdendes Verhalten fortsetzt, was in Fällen schwerer Entfremdung sehr wahrscheinlich ist. Das Kind muss dann nicht nur die Stärke und Unabhängigkeit entwickeln diesem negativen Einfluss zu widerstehen, sondern muss zusätzlich einen Weg finden zwischen den Welten seiner Eltern zu leben, die in einem Entfremdungsfall weit unterschiedlicher sein wird, als nach einer sogenannten "guten" Trennung / Scheidung, in der Eltern aktiv im besten Interesse des Kindes zusmmenarbeiten oder wenigstens vermeiden, dass das Kind in noch offene Konflikte zwischen ihnen involviert wird. Einen Weg in den letzteren Fällen zu finden ist eine Aufgabe die schwierig genug ist, die nicht nur oft, sondern meist bis in das junge Erwachsenenleben reicht, wie Längsschnitt- und Querschnittsstudien zeigen (z. B. Wallerstein et al, 2000; Marquardt, 2005). Man kann sich leicht vorstellen, dass es für ein entfremdetes Kind noch weit schwieriger ist einen Weg zwischen den nicht nur sehr verschiedenen sondern sogar feindlichen Welten seiner Eltern zu finden, obwohl leider wissenschaftlich strenge Längsschnittstudien solcher Fälle, mit ausreichend großen Zufallsgruppen, einschließlich Kontrolgruppen, noch fehlen (vgl. aber den Querschnitt von jungen Erwachensen, die auf ihre Erfahrung als entfremdetes Kind zurückblicken, Baker, 2007.)

   Der Vater in diesem Buch (Autor) hat dieses Stadium der Wiederannäherung noch nicht erreicht, sondern träumt nach 3-4 Jahren immer noch nur davon und einer normalen Beziehung mit seinem durch Parental Alienation verlorenen Sohn. Aus diesem Grunde verstehen wir auch seine Position zur Wiederherstellung der Kontakte mit dem entfremdeten Kind, die er in Kapitel 12, "Lösung" darstellt, das, wie er hervorhebt, ursprünglich "Lösungen" hieß, er aber jetzt nur eine Lösung sehe. Da ist der Piunkt wo wir mit dem Autor nicht übereinstimen, genau wie die meisten psychologischen Fachleute und Richter, und womit der Psychiater Richard Gardner die stärksten Kontroversen verursacht hat, indem er sie in einer Weise, die viele für zu simplistisch und schematisch halten, für schwere PAS Fälle vorschlug. Er, sicherlich auf seiner ausgedehnten Erfahrung als Gutacher basierend, schlug vor das Kind vom entfremdenden Elterteil zu entfernen und es, nach einer Übergangsphase vielleicht, mit dem bisher abgelehnten, ja sogar gehassten Elternteil zu plazieren. Er versuchte seine These durch eine Nachuntersuchung von Fällen zu untermauern zu denen er konsultiert worden war, aber diese Studie wird meistens als mangelhaft gesehen, die strenge wissenschaftliche Kriterien nicht erfüllt, dadurch, dass nur die (früher) entfremdeten Elternteile befragt wurden, nicht aber der andere Elternteil und die Kinder, auch keine Zufallsgruppen, einschließlich Kontrollgruppen hatte, obwohl jedermann die technischen Schwierigkeiten bei einer solchen strengen Studie zugeben wird. Insbesondere entfremdende Elternteile werden allermeist jede Kooperation ablehnen, sogar ein Interview.

  In ausgewählten, besonders schweren Fällen mag eine solche drastische Maßnahme in der Tat die einzig verbleibende effektive Maßnahme sein, um den seelischen Missbrauch des Kindes durch den entfremdenden Elternteil zu beenden. Aber sie sollte als die am wenigsten erstrebenswerte Lösung gesehen werden, die überdies meist vermieden werden könnte, wenn die Probleme rechtzeitig vollständig erkannt und entsprechende Maßnahmen prompt ergriffen worden wären, bevor der Fall verhärtete und das Kind fast in den Brunnen ohne Rückkehr gefallen wäre. Der entfremdete Elternteil muss auch dazu beitragen, dadurch, dass er jede Anstrengung unternimmt, trotz wahrscheinlicher Rückschläge, um irgenwie mit dem Kind verbunden zu bleiben. Jede Chance, die zum Beispiel ein begleiteter Umgang bieten könnte, sollte genützt werden, auch wenn dieser Elternteil sich selbst nicht als "gefährlich" betrachtet und die Maßnahme daher vielleicht als demütigend empfindet. Begleiteter Umgang schützt aber auch vor weiteren Anschuldigungen, wie sie in solchen Entfremdungsfällen üblich sind. Manchmal könnte eine andere dritte Person, die der Autor "Brückenbeziehung" nennt, auch hilfreich bei der Anbahnung einer Wiederannäherung sein. Jedoch ist es fast eine feste Regel, dass ein schwer entfremdetes Kind auch Kontakte mit dem gesamten Familien-und Freundeskreis auf Seiten des "gehassten" Elternteils ablehnen wird, oder zumindest jeden Mediationsversuch, soweit Kontakte nicht schon durch den entfremdenden Elternteil verhindert werden.

   Macht in Sorge-/Umgangsrechtsfällen hat jedoch nur das Gericht. Seine Maßnahmen können sehr effektiv sein, mit einigen Gerichtbezirken, die sogar fast 100 % Erfolg mit einer am Ende einvernehmlichen Lösung melden, wenn Maßnahmen propmpt ergriffen werden, volle Zusammenarbeit aller beteiligten Fachleute gesichert ist, mit dem Gericht in einer Koordinierungsrolle, und es den Eltern sehr deutlich gemacht wird, dass jede Missachtung von Gerichtsbeschlüssen ernste Folgen haben wird, daher auch wahrscheinlich der "Einsicht" von Eltern mit Entfremdungstendenzen "nachgeholfen" wird. Dieser Einsicht, auch der des Kindes, kann in milden bis moderaten Entfremdungsfällen auch nachgeholfen werden, nicht durch konventionelle Psychotherapie (die diese Klienten nicht suchen!) sondern, wenn psychologische Fachleute, Verfahrenspfleger, Umgangsbegleiter mit Unterstützung des Gerichts auch ein gewisses Maß an Druck ("Nötigung") ausüben. Das erfordert jedoch hohe Professionalität und hohes Einfühlungsvermögen, mehr so, wenn Entfremdung schon fortgeschritten ist. Zwangsmaßnahmen, wie sie der Autor in diesem Buch für solche verhärtete Fälle beschreibt, obwohl aus dem Gesichtpunkt eines sehr frustrierten Elternteils gut verständlich, werden daher bei anderen (professionelle) Lesern eher ein ungutes Gefühl hinterlassen. Solche Maßnahmen müssen sicher genau beobachtet werden, angesichts der Tatsache, dass der Wiederaufbau der Beziehung zwischen entfremdeten Kind und Zielelternteil ein Prozess ist den letzten Endes das Kind allein gehen muss, unterstützt von einem für die Bedürfnisse des Kindes sensiblen Elternteil, und eventuell einer psychologischen Fachkraft. Es ist ein langer und schwieriger Prozess, sogar wenn das Kind sich freiwillig dazu entschlossen hat, aufbauend auf Bindungen die aus der Zeit vor der Trennung noch existierten, den restlichen Kontakten während der Trennungsphase, oder manchmal auch nur dem Bedürfnis endlich mehr über seine Abstammung zu wissen. Es wird ein weit schwierigerer Prozess sein, wenn das Kind plötzlich zu einer Kontaktaufnahme mit dem Zielelternteil gezwungen wird. Solche Fälle unterscheiden sich sehr von Fällen körperlicher Misshandlung und Vernachlässigung, bei denen Kinderschutzorganisationen und Gerichte es viel leicher finden werden rasch zu agieren. In Parental Alienation Fällen erscheint jedoch ein entfremdender Elternteil im allgemeinen als liebevoller Elternteil, der das Kind auch bestens versorgt. Daher wird es oft lange dauern, bevor die Ersthaftigkeit der seelischen Misshandlung erkannt wird. Zeit heilt hier aber nicht Wunden, sondern wirkt leider in Richtung verstärkter Entfremdung, eine Tatsache die enftremdende Eltern voll ausnützen, indem sie versuchen gerichtlicher Anordnungen zu verzögern oder jede Entscheidung ignorieren von der es nicht wahrscheinlich ist, dass sie auch durchgesetzt wird. Die Probleme müssen daher leider oft noch ernster werden, bevor eine Chance besteht, dass sie sich durch dann notwendigerweise drastische Maßnahmen des Gerichts, wie ein erzwungener Aufenthaltswechsel, bessern..Eine solche Maßnahme wäre aber einfach unverantwortlich, wenn nicht durch eine sorgfältige Untersuchung (die schon am Anfang, weit früher hätte stattfinden sollen) nicht sicher gestellt ist, dass wenigstens der Zielelternteil den Kontakt mit dem anderen Elternteil nicht nur toleriert, sondern das Kind aktiv beim Wiederaufbau einer vernünftigen Beziehung zu beiden Elternteilen unterstützt. Anderfalls würde das Kind ja in eine noch schlechtere Lage versetzt, weil es nochmal ein ganz ähnliche Trauma erleidet. In diesem Sinne ist dieser Übergang auch ganz anders als das Verlassen einer Sekte, zu der man hoffentlich nie mehr zurückkehren will. Zeitliche Einschränkungen oder auch vorübergehed völlige Sperre des Kontaktes mit dem "geliebten" Elternteil ist eine kritische Maßnahme, die Teil von Programmen ist, die derzeit entwickelt werden. Sie sollen den gerichtlich angeordneten Umzug des Kindes zum "gehassten" Zielelternteil erleichtern. Solche Programme verdienen unser besonderes Interesse, müssen aber auch genauestens gemustert werden, wegen der sensiblen Natur solcher Maßnahmen, und sie müssen als der letzte Ausweg gesehen werden, nachdem der Fall schon "verpfuscht" wurde, wie es der Autor ausdrückt, dadurch, dass nicht weit früher richtig gehandelt wurde. Das eigentliche Ziel muss jedoch sein, ein Gerichtssystem mit begleitenden psychischen und juristischen Fachleuten zu entwickeln, das sich trennenden Familien zum frühestmöglichen Zeitpunkt effektiv hilft, daher hilft die Entwicklung von Eltern-Kind-Entfremdung im Laufe der Zeit zu verhindern und die Notwendigkeit für so drastische Maßnahmen, wie einen späteren erzwungenen Aufenthaltswechsel, reduziert.

Das Buch schließt mit einer Untersuchung, warum das Familiengerichtssytems nach Ansicht des Autors in seinem und denen so vieler anderen Eltern in einer ähnlichen Situation versagte. Er tut das wieder, indem er als Elternteil relevante Fragen stellt, mit Antworten von Experten, diesmal allerdings als Synthese von Antworten, die er erhalten hatte. Das Versagen wird zum Teil auf die adversatorische Natur des amerikanischen Gerichtssystems zurückgeführt, aber die gleichen Probleme gibt es auch im europäischen inquisatorischen Gerichtssystem, in dem Richter weit mehr Kontrolle über das Verfahren haben, aber dem System oft andere Ingredienzen für eine übereinstimmende und rechtzeitige Lösung im besten Interesse des Kindes fehlen. Kooperatives Recht, wie es die Anwältin des Autors praktizierte, Mediation etc. sind sehr gute Ideen, werden aber in Parental Alienation Fällen nur funktionieren, wenn alle professionellen Scheidungsbegleiter im besten Interesse des Kindes zusammenwirken, so dass ein Elterneil mit Entfremdungstendenzen zum frühest möglichen Zeitpunkt vor einer geschlossenen Front steht, angeführt und geleitet vom Gericht.

  Zusammenfassend, dieses Buch ist weit davon entfernt nur die traurige Geschichte eines verständlicherweise sehr frustrierten und leidenden Elternteils zu sein, sondern hebt sich insbesondere durch die sehr relevanten Fragen an den verschiedenen Punkten, mit Antworten von erfahrenen Fachleuten, in einer Weise hervor, die wahrscheinlich für Eltern in einer ähnlichen Situation besonders hilfreich ist, ihnen hilft besser die Tortur durchzustehen, indem sie wissen was sie erwartet und vielleicht sogar ihnen hilft einiges davon durch ein besseres Verständnis der Dynamik von Eltern-Kind-Entfremdung, des Gerichtprozesses und den Altivitäten anderer Scheidungsbegleiter zu verhindern. Den Fachleuten kann dieses Buch neue Einsichten bieten, aus der Perspektive eine aufgeweckten Elternteils, der sich mitten in einer Situation aus dem realen Leben befindet, die dringend ihre Hilfe erfordert. Was immer noch sehr wünschenswert wäre, wären mehr Berichte darüber, wie sich Kinder, die diese Hilfe und die Liebe und das Verständnis ihrere Eltern am dringendsten benötigen, sich in einer solchen Hochkonfliktsituation fühlen.

Literatur:

Amy J. L. Baker (2006), The power of stories/stories about power: Why therapists and clients should read stories about the parental alienation syndrome. American Journal of Family Therapy 34(3):191-203.

Amy J. L. Baker (2007), Adult Children of Parental Alienation Syndrome. Breaking the Ties That Bind. W. W. Norton & Company, New York, London. Unsere Buchrezension

Elizabeth Marquardt (2005), Between Two Worlds. The Inner Lives of Children of Divorce. Based on a pioneering new national study. With a Foreword by Judith Wallerstein. Crown Publishers, New York, 2005. Deutsch: Kind sein zwischen zwei Welten. Was im Inneren von Kindern geschiedener Eltern vorgeht. Mit einem Vorwort von Judith Wallerstein (übersetzt von Theo Kierdorf & Hildegard Höhr), broschiert, 250 Seiten.  Verlag: Junfermann; Auflage: 1 (2007).  ISBN-10: 3873876736, ISBN-13: 978-3873876736,   Unsere Buchrezension              

Judith S. Wallerstein, Julia Lewis, Sandra Blakeslee (2000), The unexpected Legacy of Divorce. The 25 Year Landmark Study, Hyperion, New York.  Deutsche Fassung: Scheidungsfolgen - Die Kinder tragen die Last. Eine Langzeitstudie über 25 Jahre; a. d. Engl. v. Ulrike Stopfel; Verlag Votum, Münster 2002; 350 S  Unsere Buchrezension
 
Inhaltsverzeichnis und Umschlagtext (in Englisch)

Der Autor des Buches kann in einem ausführlichen Interview gehört werden, auf http://www.dadsontheair.net/shows/family-heartbreak-system-down.html